David Friedrich Precht und kein Egoist sein

Wer „religionsbefreit“ sein Leben einrichten möchte, hat schon erhebliche Probleme Begründungen für Moral, Kooperation, Sinn, letzten Endes alle Formen des uns bekannten sozialen Zusammenlebens zu finden.
David Richard Precht, der einen Besteller nach dem anderen landet, die allesamt ausschliesslich „Begründungen für solcherlei soziales Verhalten ohne Religion“ darstellen, und in denen Schimpansen für Moral in der Natur herhalten müssen, macht es sich nicht einfach in „Die Kunst kein Egoist zu sein“.
Was stört an dem Buch ist, wie schon im vorigen Buch „Liebe ein unordentliches Gefühl“, das ich beim besten Willen nicht bis zum Ende lesen konnte, dass sehr weit ausgeholt wird, um einfache Thesen zu unterminieren.
Ich finde seine Darstellung der geschichtlichen Entwicklung nach Darwin (Sozialdarwinismus) bis zum I.WK hervorragend. Es leuchtet ein, dass bei dieser verschärften Gangart des Darwinismus, der einpeitschenden Lehrkörper, die Darwins Evolutionstheorie „alle gegen alle“ überspitzten, um an allen möglichen Universitäten von England bis Deutschland die Aufheizung des Kriegsklimas begünstigten.
Vergessen wir auch nicht, dass aus diesem Darwinismus heraus der Rassismus der Nazis später seine Wurzeln gefunden hat. Wer sich die Mühe macht, all diese grauenhafte Denkgebäude von Haeckel und Co (Monismus), das vor dem I.WK die deutschen Bildungsbürgerstuben bereichterte, zu untersuchen, der weiß, das Wissenschaft und daran angehängte Philosophien der Menschheit nicht nur Ästhetik und Freude beschert haben.
Dass aber am Ende Schimpansen als Zeugen herhalten müssen, um „Moral in der Natur“ zu finden,, jetzt sind wir wieder bei Precht, das ist schon eine abwegige Philosophie, die auch an der heutigen Zeit keine Monolithen mehr errichtet. Denn die heutige Zeit leidet nicht am „Wissen“ sondern am „Glauben“. Wobei vollkommen wurscht ist, an welches Heil man glaubt, wenn es nur dem Blochschen „Prinzip Hofffnung“ nahe kommt.
Der Titel des Prechtbuches zeigt schon deutlich, wohin die Reise gehen soll: keine Reibung bitte. Die Horde ist die Urzelle, nicht die Herde, das klänge schon wieder etwas böse, sagt Kuh und Ochs zu Frau und Mann. Also der aufs plemplem-TV ausgerichtete Intellekt, der us-amerikanische Sitten gewohnt ist, wo man auch BlahBlah immer noch in schöngetunkten Martinikirschen ausspricht, der ist so richtig Prechts Mandant. Dem kann er die volle Überzeugungskraft offenbaren.
Die Auffassung Prechts, dass der Philosoph heutzutage intensiv in die Wissenschaften Einblicke nehmen muss, um noch philosophisch tätig sein zu können, kann man nur am Rande Recht geben. Nämlich dann, wenn die Philosophie sich anschickt aus den Synthesen der verschiedenen Wissenschaften Schlüsse zu ziehen, die auf mögliche zukünftige Probleme der Menschheit hindeuten. Und diese Probleme deswegen auftreten, weil Wissenschaften (nehmen wir einfach Sozialwissenschaften und den Klimawandel) zu unterschiedlichen Schlüssen kommen. Hier kann unverbildete Philosophie vielleicht Lösungen anbieten.
Das, was ich allerdings jetzt von Precht kennengelernt habe ist: hervorragende, sehr gut gemachte einfache Darstellung philosophischer Problematik, gute Geschichtsdeutung, fragwürdige Lösungsansätze deswegen, weil der Mann einfach glatt und klar die Auffassungen der Neurologen, Hirnforscher und Schwarmverhaltensmenschen übernimmt.
Philosophie allerdings, die meint ohne Metaphysik auskommen zu können, die eine Darstellung wagt, als haben wir nur Fragen zu lösen wie im bequemen Sessel einer Talkshow, die garnicht erst zum eigenständigen Nachdenken auffordert, eine solche Philosophie brauchen wir nicht. Die ist schneller verraucht, als der gestrige Tag.

gewalcker@t-online.de
in Rom

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letzte Gedanken des Metaphysikanten und Orgelmachers Gottfried Walther-B 2010

Die letzten Gedanken des beileibe allerletzten Metaphysikanten und Orgelmachers Gottfried Walther-Büschelheimer in seiner letzten Stunde des Jahres 2010, als er seine Reisen nach Rom und Altägypten reflektierte und bereits die bevorstehenden Flüge nach Schottland, seine Italienische Reise 2, die nun visapflichtige Reise nach den USA, eine weitere nach Costa Rica sowie last not least auch eine Reise nach Äquadoria in 2011 in planerische Formen setzte. Alles soll Jakobswege-mässig bereits im Frühjahr abgehakt sein bevor es in diesem turbulent aufleuchtendem Jahr an die Arbeit geht; seine letzten Gedanken hierzu waren also,
1. …….und jetzt kommts :“ja, wer frühzeitig eine Muttersprache gut gelernt hat, nur der kann auch Fremdsprachen lernen. Nur wer als Kind in Religion eingeführt wurde, der kann über Religion befinden, diese durchdenken, von ihren Ansprüchen und Heilsversprechungen Abstand nehmen, und je nachdem, wieviel Liebe ihm mit dieser Religion mitgegeben wurde, dieselbe in einen veredelten Zustande in seinem Herzen bewahrt werden kann. Was heißt, es tobt in solcherlei Menschen nicht das Chaos, sondern ein milder Glanz bescheinigt alle Kontroversen um den Glauben. Da bleiben Faktengrunzer und Dawkinisten außen vor in ihrem lächerlichem Gehabe, alle Religionen seien Einbildungen. Denn auch die Wissenschaften bilden abstrakte Gedankengebäude, für deren Aporien man sehr viel mehr Glaubenskraft benötigt, als für jede einzelne der großen Glaubensrichtungen.
2. Das Denken hat heute andere Formen angenommen, als es vor hundert Jahren der Fall war, als man am Papier sparen musste und natürlich ohne digitale Stützen sich an den wenigen Bildern und Präludien reiben konnte. Da war mehr im Kopf, während heute mehr auf der Platte ist, weswegen der Kopf schrumpelt und die Kapazität von Festplatten bald monatlich sich verdoppelt. Kurz und bündig: der Mensch kuscht vor der ihm ins Gigantische aufscheinenden Technik und flüstert die Namen von Technikmarken wie einst die alten Römer Namen von Göttern und Dämonen nur halblaut auszusprechen wagten. Anstatt dass ihm die von den Romantikern angebotene Metaphysik der Musik geläufig geworden wäre: „Das Leben ohne Musik ist ein Irrtum. “ Gemeint aber war nicht die Dauerberieslung via Mp3-Player, das passive Musik konsumieren, sondern die aktive Gestaltung, das Hineininterpretieren aller tiefsten Geheimnisse in die Musik. Was bei Wagnerscher Musik Nietzsche nicht mehr möglich war (diese war ihm zu affektiv und damit der Vorläufer zu heutigen Popmusik, die Nietzsche heute zu viel Sexos und zuwenig Eros enthalten würde) Und damit kommt Gottfried Walther-Büschelheimer aufs dritte meta-thema.
3. Die Schwächen der Menschen, ihre geistige Infektionsbereitschaft nimmt dabei zu. Während früher einer, der etwas labile sexuelle Eigenschaften hatte, diese weder im Kopf noch in der Realität ausleben konnte , und so von der Wirklichkeit gehindert wurde, seine Schwäche laufen zu lassen,(seinen labilen Trieb, der wie ein Tier in seiner Seele auf und abläuft) wurde also an der Kette der realen Bedingungen gehindert laut aufzubellen und andere in die Waden zu beißen. Heute ist dies grundlegend anders. Das Tier kann sich im Internet Futter besorgen und dort auch jeden anbellen, der dafür geeignet erscheint. Es läuft nicht nur auf und ab, in der Seele des Gepeinigten, sondern wird geradezu angetrieben von dieser aufpeitschenden Speise, bis es aus diesem ehernen Gehäuse herausbrechen kann und es zu Mord und Totschlag kommt.
4. Man könnte sagen, aber vor dem Internet gab es doch auch schon Priester, die sich an Kindern vergangen haben, was richtig ist. Aber die Medien der damaligen Zeit haben für Menschen in derartigen Sonderstellungen bereits alle Trieb-Fresspakete bedient, um deren läufigen Tieren den Exzess zu ermöglichen. Während hier und heute ja gerade nicht Menschen in Sonderstellungen in die Trieb-Fress-Falle des Internets tappen, sondern Jedermann. Überall werden mit simplen Clicks Fallböden aufgerissen, wo selbst gut gerüstete Helden in einem Sumpf aus Krokodil und teuflischer Schlangenzucht hineinfallen und langfristig auf einen totalen Kampf zwischen ihren 1000 Schatten und den (eigentlich nur für Konsumzwecke) aufgerichteten Fallen sich einstellen dürfen.
5. Da kommt es wie ein Zufall daher, dass bereits 3oder 4jährige Kinder in Adventures geschult werden, wie sie Ungeheuer besiegen oder ihnen aus dem Wege gehen.

Die Welt also, so Gottfried Walther-Büschelheimer, ist nicht schlechter geworden, das Neue Jahr wird nicht katastrophaler, als das letzte, sondern die Abstraktionen in den Hirnen der Menschen, die immer weniger Sinnlichkeit und musikalische Ästhetik zulassen, nehmen zu und bereichern damit nicht mehr, sondern verarmen das Leben. Weil bei einem größeren Maß an Sinnlichkeit, mehr Angst verarbeitet werden kann. In größerer Abstraktion hingegen wird Problematik ans „Unbewußte“ weitergereicht, dass nur noch im Traum die Möglichkeit hat sich realisieren zu können.
gewalcker@t-online.de

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Wikipedia – das schlechteste Wissen,

das es je gab.

Wie ist das mit der Wahrheit, habe ich mich gefragt, beim Studium des letzten Wikipedia-Artikels, der über Walcker derartig Abstruses und offensichtlich Falsches an den Mann zu bringen versucht? Wer hat überhaupt Interesse an der Hervorbringung solches Wikipedia-Blödsinns?
Nach den Regeln und Vorstellungen der Gründer dieser Wissensplattform soll Wahrheit aus einem gemeinsamen Dialog heraus gestaltet werden, der gewissermaßen immer irgendwie im Fluss ist. Das ist sehr schön gedacht, durchaus auch zeittypisch,, zielt aber an dem einen wichtigen Umstand vorbei, dass gerade heutzutage jede Laus, die irgendeinen Krümmel für wichtig und bedeutsam hält, uns mit ihrem Vortrag vom Wesentlichen der Sache ablenken kann, weil wir ja wähnen, alle Informationen müssen reingezogen werden, koste es was es wolle. Es ist sogar so, dass ganz planmäßig ein Heer von Läusen unterwegs ist und ähnlich den Hackern und Crackern, Unwichtiges voranstellt, um Hass oder Eitelkeiten zu befrieden. Oft soll ein Professor gelobt werden, damit es gute Noten gibt, oder man bücklingt vor irgendetwas Zweit-und Drittrangigem, das einem im Beruf weiterhelfen könnte („übrigens, ich hab Sie ausführlich im Wikipedia-Artikel erwähnt..“). Damit fließt dann das ganze Leben der kleinen Alltags-Korruptionen ein ins „Bewußtheit der West-Menscheit“, das oft hochgelobt, dann kläglich versagt, wenn man es aus seiner Fachsparte heraus etwas genauer unter die Lupe nimmt.
Hintan gestellt werden dann die Dinge, die der gemeinen Laus deswegen zuwider sind, weil sie den geistigen Kraftakt scheut, intensiv über diese oder jene kulturelle Bedeutung nachzudenken. Das wäre dann doch zuviel, auch noch über die Fakten nachdenken, die man über copy und paste mühsam herangeschleppt hat.
Am Schlimmsten noch ist es, wenn verhinderte Forschernaturen sich einen zu großen Gegenstand in ihre kleine Stube gezerrt haben und sich nun daran verbeißen, weil „der Ruf nach etwas Bedeutung“ sie zwackt und zwickt. Dann kommen „Walcker-Wikipedias“ dabei heraus, wo die unmittelbar nächst gelegene Orgel der zentrale Diskussionstoff ist, auch wenn keinerlei Gründe dafür sprechen, dass sie irgendeine Bedeutung für das Schaffen der Firma gehabt hat. Oft will man auch dem restaurierenden Orgelbauer eine Gefälligkeit erweisen. Der kleine Stachel der Machtlosen.
Wer die in Kisten eingemottete „Gelsenkirchen-Orgel“ als die größte existierende Oscar-Walcker-Orgel bezeichnet, lügt in mehrfacher Hinsicht. Erstens ist eine in Kisten verpackte Orgel kein spielbares Instrument über das man derartige Aussagen machen kann, zweitens gibt es Stockholm und Barcelona und drittens ist Bukarest als spielbares Instrument Oscar Walckers bedeutender als irgendetwas in Kisten eingemachtes, das womöglich nie erklingen wird, und viertens sind die Taschenladen der originalen OW-Orgel in Gelsenkirchen gegen Schleifladen getauscht. Nur der Klang wurde unter Denkmalschutz gestellt.
Außerdem, und das ist das Wichtigste, wird hierbei eine tote Leiche über einen lebendigen Vorgang gestellt, der die weiteren Motive, nämlich dem Toten höchste Prioritäten zuzuerkennen, offenbart, während man alles Lebendige unter den Generalverdacht stellt, womöglich Widerspruch zu erheben, weswegen man es erst gar nicht erwähnt.
Das ist übrigens typische Organolenpraxis: wieviel vertrockneter Totenkult wurde in den vergangenen fünfzig Jahren im ARS ORGANI aufbereitet und mit Weihrauchdämpfen aufs Orgelvolk geschüttet, so dass man sich nicht wundert über unsere heutige Jugend, die Orgel direkt mit Verwesung assoziiert. (als wissbegieriger Europäer, dem es ermöglicht wurde den ägyptischen Totenkult etwas studieren zu können, kann ich nur sagen, dass wir in Bezug zu den Ägyptern mit unserem Christentum, das mit Sicherheit in Rom den Glanzpunkt aller Totenkulte erstritten hat, weit vorraus sind in der Bevorzugung des Todes vor dem Leben. Man denke nur an die tausenden von Selbstmorden während der Nazizeit in Deutschland auf seiten des Militärs und der verantwortlichen Nazis, die doch der Meinung waren, gerade von der Lebensphilosophie Nietzsches partizipiert zu haben. Und doch war der ganze europäische Faschismus eine Blut-Boden-Totenkult Attitüde.) (apropos Christentum: welches Christentum sei da gemeint, frage ich immer wieder, das Frühchristentum oder die ersten christlichen römischen Kaiser, das Karls des Großen oder der Kreuzfahrer, das der Gotiker, der Scholastiker, der Reformation Luthers oder das der Christen vor der Reichsgründung – und nun der heutigen Christen, die alle je nach Konfession für den mittelalterlichen Menschen eine völlig eigene Religionsform darstellen würden. Also was ist die Wahrheit?)
Man kann, um das Thema „Wikipedia“ abzuschließen, solches Halbwissen als durchaus zeitgemäße Erscheinung apostrophieren. Man sehe nur das J&B Forum mit seiner am unwesentlichem Detail festgefressener Verbiesterung durch, oder „organ“, die Zeitschrift, in der Fachliches über Orgel in einem fragmentarischen Comedystyle wieder gegeben wird, wobei man nicht weiß ob zur Belustigung oder aus tatsächlicher Ahnungslosigkeit. Wobei man sich eben klar sein soll, dass „Gespräche über Orgel“ doch immer irgendwie beim heutigen Publikum unter Verdacht stehen, als „flöge Einer übers Kuckucksnest“.
Ich habe in den vergangenen Wochen intensiven Kontakt zu einem Orgelforscher ganz anderen Kalibers gehabt, der seit Jahren an einer hochinteressante Arbeit über Eberhard Friedrich Walcker arbeitet. Hier sprüht das Lebendige des alten Meisters über den Forscher wie ein Feuerwerk empor in eine geistige Atmosphäre, die lichtbringende Wahrheit sein kann.Tief ins Leben dieses Meisters Einblicke zu nehmen wird bei Deutung solcher Forscher unmittelbar erfahrbar, jedes Detail wird mehrfach und anhand unterschiedlichen Quellen analysiert und verglichen, bevor es je das Licht der Dokumentierung erblickt. Solcherlei Forscher sind großartig mit dem Leben des Meister verwoben und das Erarbeiten eines Gesamtzusammenhanges wird intentional erfasst. Aber es wird dabei auch gefühlt, dass das eine und das andere Extrem sehr nahe beieinander liegen.
Man kann nur sicher sein auf der richtigen Seite, nämlich der des Lebens zu liegen, wenn man die eigene Person so ins Geschehen einbringen kann, indem ein grundlegendes Gefühl von Wahrsein eintritt. Das ist etwas, das nicht näher beschrieben werden kann, weil es bei jedem Menschen eine andere Wirkung hervorruft und vor allem bei jedem Individuum mit anderen Begriffen gesegnet ist. Ein Orgelkonzert ist immer näher am Leben als eine OrgelCD. Der unmittelbare Austausch im Gespräch mit einem Menschen ist immer näher dran als eine Email, SMS oder eine Abhandlung die abstrakt und im luftleeren Raum entstanden ist .
Die Erregung der Sinne über Fühlen, Riechen und dann in Verbindung mit Hören und Sehen ist jeder einseitigen Sinnerfahrung weit überlegen, weil der gesamte Mensch, wie in einem Kosmos eingebettet, beansprucht und erfüllt wird, während das einseitige Hören oder Sehen einer Digitalaufnahme mängelbehaftetes Erfahren ist. Da werden noch Generationen ins Land gehen, bevor man dieser Wahrheit auf die Schliche kommt, weil hier, in der digitalien Welt, manifestiert sich der künstlerische Schein rasch als Betrug (im Sinne von Wahrheit erfahren)

(gewalcker@t-online.de)

apropos gute und ehrliche Handarbeit bei vielen Wikipedia-Artikel werden hier überhaupt nicht kritisiert, sondern sehr geschätzt. Was hier kritisiert wird ist gewissermaßen ein Vergleich der Situation vor 120 Jahren, als man die besten Lexika für die besten Köpfe der Welt hatte, während heute das Niveau breit getreten ist und die breite Masse zweifellos tausend mal gebildeter ist als es jeder noch so gescheite Bauernlümmel vor hundert Jahren war. Aber die Spitzenlexika fehlen oder sind nur noch spezifiziert zu haben.

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Michael Hampe – das vollkommene Leben – vier Meditationen über das Glück

Ein wunderschönes und gutes Buch.
Mein Problem war, dass ich mich mit der ersten Meditation, die man kaum als solche auffassen kann, niemals werde anfreunden können. Sie ist überschrieben mit dem Titel „Wissenschaftlich-technischer Fortschritt als Abschaffung des Unglücks“. Also die Vermeidung des Unglücks ist der Weg zum Glück und dazu dient Technik und Wissenschaft. Die über 60seitige Begründung, warum man keine Metaphysik in heutiger Zeit mehr braucht, warum ein Tumor im Darm keine tiefere Bedeutung habe und nur mit Technik und Wissenschaft angegangen werden kann, oder darf, warum das Auslassen von Intensität dem Ziele hilft, Unglück zu vermeiden und am Schluss, wie man denn seine Begierden zu handhaben habe, all das wurde von mir zähneknirschend hinunter geschluckt, mit Fragezeichen bekrittelt und führte beinahe zum Abbruch meiner Leselust, bis dann das Glück der Seelenruhe im 3.Kapitel aufgefahren wurde, und das mich auch in einer recht schwierigen Lage hier in Rom in einen Zustand der Besonnenheit feinführen sollte.
Dies also war dann die zweite Meditation, in der man aufhört, die Menschheit verändern zu wollen. Da ist man in einem Zustand den man zuerst einmal als „gewonnenen“ Zustand betrachtet. Nicht wie im ersten Fall, wo man beginnt, das Terrain zu sondieren für Umgrabearbeiten.
Die grundsätzliche Einstellung hier ist, die Seelenruhe zu erlangen, was bereits aufkeimendes oder gar gewonnenes Glück bezeichnet. Im Zustand der Seelenruhe, der bereits in der Antike und wahrscheinlich in Asien seit 5000 Jahren bekannte Ausgeglichenheit andeutete, sollte man frei von den billigen Affekten werden, mit denen unsere Marktwirtschaft nur so lumpenbeutelt.
Ich fühlte mich zu dieser Meditation sehr stark hingezogen, er ist wunderbar dargestellt, und ich bin mir sicher, hier noch sehr oft reinzuschauen und ihn wieder und wieder neu zu lesen.
Die dritte Meditation bestreitet mit dem Titel „Das Glück ist unmöglich, aber die Wahrheit ist schön“ grundsätzlich, dass man in diesem Leben überhaupt Glück haben kann.
Ein Kernsatz hier ist, dass der Glaube an den technischen Fortschritt in der Kultur als Lösung aller Probleme unserer natürlichen Existenz durch die Phantasie einer Heilsgeschichte angetrieben wird, was ich direkt unterschreiben würde. Weiter geht der Weg hier, indem man andeutet, dass die Entwicklung der Menschheit und dann dem elementaren Rückschlag durch die Nazis, sogar ein historischer Beweis für Unmöglichkeit einer Heilsfindung durch den Menschen im Raum steht. Es wird nicht ausdrücklich gesagt.
Ein gut durchdachtes Argument scheint mir das hier von Hobbes ausgeführte zu sein: Das glückselige Schauen ist ein Leben ohne Bewegung, ein Leben, das keine Ressourcen verbraucht und deshalb kein Verlangen nach Ressourcen mehr kennt. Doch ein Leben ohne diese Bewegung ist ein Widerspruch in sich selbst.
Indem wir kultiviert werden bereits als Kinder, werden wir auf Ressourcenverbrauch hingeführt. Kaspar Hauser, der dieses Heranführen nicht kannte, empfand den Weg in die Welt nicht als Verbesserung seines Schicksals. Auch diese Einführung wird weiter mit den Belegen des 19.JH gefüttert, wo eine immer stärker werdende Disziplinierung in Europa zwangsläufig zum Krieg führt. Was heißt, die immer stärker werdende „ziellose“ Kultivierung bringt nicht die Erlösung (das Glück), weil sie sinnlos ist.
Weitere Argumente liefern Nietzsche und Freud. Wobei dessen Abhandlung „Unbehagen der Kultur“ zwei entscheidende Argumente liefert, die uns stark von Glücksvorstellungen der Menschen ableiten könnten. Es ist einmal der vorherrschende Aggressions- und Todestrieb des Menschen, der durch die Kultur abgeschwächt und entwaffnet wird. Auf heutige Verhältnisse umgedeutet, kann das bedeuten, die heutigen Menschen sind deswegen Pazifisten, weil sie viel zu verweichlicht geworden sind. Die ganze komplexe Widersprüchlichkeit unserer Affektenlebens wird hier ebenfalls gut zur Sprache gebracht. Und dabei Freud als Philosoph doch ganz passabel erscheinen zu lassen.
Ein Satz, den ich exakt aus dem Buch zitiere, weil er so geradlinig und klar ist, zeigt, um was es sich hier bei Freud außerdem dreht:
Eine Religion, in der imaginiert wird, dass durch ein personales Gegenüber die Wünsche des Einzelnen wie von sorgenden Eltern wahrgenommen und erfüllt werden, kompensiert also eigentlich die Gleichgültigkeit von Natur und Kultur gegenüber dem Einzelnen auf eine Weise, die Freud „regressiv“ nennt: durch die Einblidung einer Rückkehrmöglichkeit in die kindliche Geborgenheit unter den aufmerksamen Augen der Eltern.
Es geht weiter in dieser Meditation mit schlagkräftigen Argumenten. Die Widersprüche des Menschen aushalten und am Ende dieses Kapitels noch an das Glück und an Glücksucher glauben, fällt schwer. Eher fällt es leicht, sich tiefer über Freud und andere Wahrheitssucher zu beugen, vielleicht Nietzsche, der das Glück ohnehin nur bei Kühen auf Wiesen zu finden gedachte.
Das es doch spät geworden ist, möchte ich rasch die vierte Meditation behandeln “ Intensität und Sicherheit als Bedingungen von Glückserfahrung“. Was versteht man eigentlich unter Glück?
Ein einziger Satz, den ich hier unterstrichen habe, war, dass in naturwissenschaftlichen Gesellschaften neue Erkenntnisse einem höheren Preis gezollt werden, als die Produktion von Gewissheiten. Man könnte auch sagen, dass es Gesellschaften gab, wo Ehre wichtiger war als langes Leben. Das heißt die Glücksvorstellungen variieren nicht nur ununterbrochen, sondern, sie sind in vielen Gruppen ganz unterschiedlicher Natur.
Wir haben es, um langsam diese Meditation über vier verschiedene Meditationen über das Glück abzuschliessen, mit Hampes Buch mit einer sehr feinfühligen und tiefergehenden Behandlung eines Stoffes zu tun, das viel weiter gehen will, als schlichte Weisheiten dort zu offenbaren.
Es gibt nur eine einzige Weisheit in dem Buch, die wie ein Rechnergebnis am Ende steht, wo die unterschiedlichen Ausgangspunkte, die natürlich auf unterschiedlichen Erfahrungen beruhen, unterschiedlichen Metalitäten etc., wo Hampe sagt, sie lassen sich nicht gegeneinander abgleichen, man kann sie nur hinnehmen und anmerken, dass hier Differenzen bestehen.. Und später: Das Aushalten von Differenzen, oder die Anerkennung von Differenz erst ermöglicht Glück! und ist eine Form der Friedfertigkeit (genial!!)
Die Unfähigkeit, Differenzen zu akzeptieren ist der erste Schritt ins Unglück. (Hat man je eine einfachere und klarere Kernaussage am Ende eines solch großartigen Buches gesehen? Ich nicht.)
Das hat mich einen Tag lang beschäftigt und mir eine große, fast befreiende Erkenntnis vermacht, die ich kaum in Worten auszutragen in der Lage bin.
Dieses Nachwort von Michael Hampe in genanntem Buch, manch einer hat ihm abgeraten das zu schreiben, ist ein ganz gewaltiges und großes Stück Philosophie, wie man es sich wünscht.

gewalcker@t-online.de

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Peter Bieri, Das Handwerk der Freiheit

Über die Entdeckung des eigenen Willens
Vor einem Jahr saß ich bei einem Abendessen am Tisch des deutschen Botschafters in San José, Costa Rica, wobei mir im Laufe des Gesprächs der Satz entfuhr:“ .. die Mathematik ist ohnehin eine schlechte Basis auf denen alle Naturwissenschaft basiert, da es keine zwei identischen Dinge auf der Welt gibt, die man addieren könnte“. Was allgemeines Stirnrunzeln und heftigen Widerspruch entfachte. So denkt eben einer, der dem analytischen Denken höchste Skepsis entgegenbringt und der eigentlich im romantischen Schwärmen und der Metaphysik seine wahre Heimat erblickt.
Wer aber Peter Bieri begegnet ist, der einmal Professor für Analytische Philosophie in Berlin war und der daneben mehrere Romane geschrieben hat, die anstehen zu Klassikern zu werden, der wird zumindest in einem Punkte Korrekturen in seinem freizügigen Denken vornehmen, das ebenso zur Dogmatik werden kann, wie es weiland die Analytische Philosophie geworden war. Denn Bieri widerlegt rasch die Vorstellung, dass es kein Wissen geben kann.
Das findet sich als ersten Satz im Prolog von Bieri: „Unsere Idee der Welt ist die Idee einer verständlichen Welt. Es ist die Idee einer Welt , in der wir verstehen können, warum etwas geschieht. Zwar gibt es darin vieles, was wir nicht verstehen, und vermutlich wird das immer so bleiben. Trotzdem, denken wir, ist die Welt eine Gesamtheit von Phänomenen, in die wir Licht bringen können, indem wir uns erklären, warum die Phänomene so sind, wie sie sind. Selbst wenn dieser Gedanke eine Täuschung wäre: Anders können wir über die Welt nicht denken“.
Und dieser Punkt wäre dort zu finden, wo man beginnt zu fragen, „was ist denn überhaupt die mich umgebende Welt?“
Ist das die Physik, die in Teilbereichen feststellt, dass es nicht mal zwei identische Atome geben kann, oder ist es eine Metaphysik, die verneint, dass es überhaupt eine von den Naturwissenschaften erkennbare Realität gäbe?
Peter Bieri setzt stillschweigend voraus, dass seine Leser einen „gesunden Menschenverstand“ besitzen, der aber begrifflichen Täuschungen unterworfen werden kann, was in den meisten Fällen auf „Nichtwissen“ beruht. Also führt er, vielleicht, ohne es direkt zu wollen, in eine systematische Methodik des Nachdenkens ein, die ganz umfassend das Problem des Willens aufdeckt.
Die große Leistung Peter Bieris ist, diesen Denkakt bis zur letzten Seite seines 450 Seiten starken Buches durchzuführen, ohne dass man es bewußt als eine Führung im analytischen Denken überhaupt bemerkt!, und dass man gefordert wird mitzudenken, zu prüfen, zu widersprechen, um am Ende der einzelnen Kapitel mit Lösungen konfrontiert zu werden, die man manchmal wie Offenbarungen empfindet. In jedem Falle aber hat man am „Denken“ profitiert und auch bei gegenteiliger Meinung, etwas dazu gelernt.
Eine weitere Leistung ist, dieses „Denken lernen“ zu tun, ohne jemals in Bieris Buch mit der Fremdwortbelastung philosophischer Traktate in Berührung zu kommen. Bieri hat ausdrücklich dies als Programm gesetzt, in diesem Buch kommen keine Fremdworte vor, was der Sache des Denkens keinen Abbruch tut.
Die Vielzahl der Beispiel die Bieri heranführt und mit denen er die unterschiedlichsten Typen der Willensfreiheit- oder Unfreiheit aufführt, werden variiert und durchleuchtet.
Der Getriebene, der Mitläufer, der Unbeherrschte – sind die frei oder unbedingt frei oder gar unfreie Empfänger eines totalen Willens, dem sie ausgeliefert sind?
Jede Freiheit kann nur als bedingte Freiheit in Erscheinung treten. Und das ist dann auch die echte, garantierte Freiheit, die uns niemand mehr nehmen kann, auch nicht die heutigen Naturwissenschaften, die einem Determinismus das Wort reden, das sagt, dass die Vergangenheit eine einzige, eindeutig bestimmte Zukunft festlegt, weil die Naturgesetze dies bestimmen.
Die Feststellung von Hirnwissenschaftlern, dass der „freie Wille“ im Hirn nicht zu finden sei, weil man beobachtet habe, dass das Hirn schon vorher Click gemacht hat, ist nach Bieri eine Verwechslung von Kategorien, die man ohne Messgerät deswegen leicht an sich selbst überprüfen kann, indem man einfach feststellt: so habe ich es gewollt! – eine innere Erfahrung, die durch weiteres Wissen nicht mehr auf-oder abgewertet werden kann.
Es gibt ein sehr gutes Interview mit Peter Bieri über „die Selbstbestimmung“, die im WDR5 am 02.04.2010 erschien und als Podcast geladen werden kann. Wo ein großartiger Peter Bieri über 50 Minuten aus einer ungeheur interessanten Fülle an Lebensweisheit erzählerisch das Wesentliche heutiger Philosophie erläutert. In „Sternstunde Philosophie“ von Schweizer Fernsehen gibt es eine Sendung (auch als Podcast downloadbar) mit Peter Bieri über den „freien Willen“, die ebenfalls gut gelungen ist.
Gerhard Walcker-Mayer

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Avatar – oder -Liebe dein naechstes Byte!-

Die Geschichte ist schnell erzählt: ein Marine(Soldier) der eigentlich langweiligsten Sorte wird nach Pandora (die letzte Hoffnung) zwecks militärischem Einsatz versetzt. Dort beamt man ihn über eine „Traumschleuder“ ins Land der picassoblauen Fremdlinge, wo er sich schließlich in ein binär konstruiertes weibliches Wesen mit tellergroßen bienenhonigfarbenen Augen verliebt. Geschlechter oder geschlechtliche Liebe gibt’s dort nicht. Dafür aber Landschaften, die jenseits der erdenmenschlichen Vorstellungen von gelehrter Physik liegen, die schweben und leuchten, bis dann der himmelhochjauchzende Kitsch von US-Realo-Kriegern so richtig ordinär zusammengeballert wird. (Böse Menschen sind das!)
Neben der dünnen blauen Haut verletzt dies nun das Verständnis des träumenden Marine(Soldiers) so gewaltig, dass er zum Vaterlandsverräter mutiert. Er und ein paar seiner Freunde schlagen sich also auf die Seite der Urwäldler und organisieren (nun richtig militärisch) den Gegenschlag gegen die Erdler, welche endlich vernichtend geschlagen werden.
Der bekehrte Marine(Soldier) darf nun zum finalen Traum ausholen und wird von der Großen Mutter auf den letzten Big Kick gebeamt, wo er dann schließlich, ohne von irdischer Elektrizität abhängig zu sein, seinem ewigen Trip nachhängen kann.
Soweit also die Story, die uns wieder einmal belehrt, dass aus den Staaten grundsätzlich nur Oberfläche herüberschwappt. In diesem Fall ist das Laudatio: Droge! Nehmt Drogen! und lasst diesen Scheißplaneten Erde verrecken, an dem ohnehin nichts mehr zu retten ist.
Lasst euch rüberschicken via welcher Technik auch immer, in schöne, bunte Traumwelten, wo ihr tatsächlich noch Helden sein könnt.
In der junkiegesättigten US-Gesellschaft kommt derartiges Filmgut recht brav an, ohne jedoch die unterschwellige Message verstehen zu wollen.
Ein Weiteres ist, in diesem Film die Hybris hochgerüsteter Technik und platteste Naivität zusammenzwingen zu wollen. Das kann nur auf Kosten der Glaubwürdigkeit schiefgehen. Überall schimmert die Begeisterung für Computer- und Maschinentechnologie durch und dann plötzlich soll man einen solch platten Mythos von einer verrückt konstruierten Welt mit Riesenbaum, Flugechsen, schwebenden Bergen und schiefen Göttern glauben? Mir hat nicht eine Sekunde eingeleuchtet was denn die Werte und Sinnhaftigkeit dieser blaubehäuteten Gesellschaft in einer Naturkonstruktion sein soll, die ich mal vorsichtig ausgedrückt, als absolut barbarischen Faschismus bezeichnen würde. Letztendlich war das Herumfliegen auf diesen irren Flugsaurieren, die urplötzlich gezähmt werden konnten, das einzige was an positiven Erscheinungen herüber kam. Meint also, dass Beach-Surfen und Baseball der US-Amerikaner immer noch als den absolut höchsten Lebenssinn obenauf gesetzt, und wenns dann sein muss, nimmt man das Surfen auf einem Preondactylus-Saurier als vergleichbaren Wert mit auf in die Prioritätentabelle.
Es war schon seltsam zu sehen, wie auf einen Schlag ureigenste US-Werte in diesem Film seelenruhig verramscht wurden. So standen plötzlich die Vaterlandsverräter als Helden da. Der ausgezeichnete Colonel, Irak-und Kolumbien-erfahren und vaterlandsvernarbt, (auch hier schimmert die Droge durch) stellte den Bösewicht dar, obwohl er doch Ressourcen fürs heimische Völkchen sichert. Aber der immer wieder mal den Traum des eigentlichen Helden gefährdete indem er den Stecker aus der Buchse ziehen wollte. (Und das ist bereits die zweite Paradoxie: dem Schürfen nach Rohstoffen zu misstrauen, weil es edle Naivität zerstört, aber bei uns kommt ja der Strom aus der Dose….)
Die heile, blaue Welt allerdings, vollgepumt bis obenhin mit Droge und Lüge, in der die radikale Sexualfeindlichkeit des überlebten Christentums sich mehr als vervielfacht hat, in der eine Natur angebetet wird, die durch und durch das genaue Gegenteil von uns bekannter Naturidylle ist. Schreckliche computeranimierte, von Idioten ersonnene Welten, denen man sehr bald überdrüssig werden würde und die man Andersdenkenden peinlich aufdrängen müsste. Und die damit eindeutige Züge eines faschistischen ausdifferenzierten Bereichs erhält. Das müsste tatsächlich ein benebelter, haschischrauchender Demiurg gewesen sein, der solch unverdautes Tier-und Pflanzenreich einer Menschheit zum Ritual der Naturvergottung überlassen wollte. Seien wir froh, dass es nur ein paar kokainschnupfende und CocaColasaufende Programmierer waren.
Ich halte diesen Film daher für gefährlich. Nicht weil er Droge predigt, was zu offensichtlich ist und jeder irgendwann durchschaut, sondern weil er eine Art Spinnennetz über eine bereits in faschistischen Strukturen gefestigten Gesellschaft, wie die der US-Amerikaner weiter webt und teilhaben lässt, an einem Glauben, dass ja alles richtig abläuft, sofern man das von Medien gesetzte und erlaubte „Träumen“ bedingungslos akzeptiert.
Solche Filme wirken genau in die Richtung. „Das Medium Hollywood, Apple oder Windows erst erlaubt Dir das Träumen“ – sei dankbar! und denke immer dran, dass jederzeit der Stecker gezogen werden kann.

gerhard@walcker.com

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Faust, die Bachsche Fuge, der unendliche Rausch…

Das wär antik! Ich wüßt es nicht zu preisen!
Es sollte plump und überlästig heißen.
Roh nennt man edel, unbehülflich groß.
Schmalpfeiler lieb ich, strebend, grenzenlos;
spitzbögiger Zenit erhebt den Geist;
solch ein Gebäu erbaut uns allermeist. (Architekt)
Goethe, Faust 2, 1, Rittersaal

Johann Sebastian Bachs Fugen, das sind die gotischen Kathedralen der Zeitlosigkeit. Die in eisige Höhen hinauf-gefrorene geistige Räumlichkeit.
Zeitlos, weil sie nie mehr vergehen. Zeitlos aber auch, weil sie sich mit der Unendlichkeit des Raumes und der Zeit verwoben haben.
Unser Rückblick auf die Gotik ist mit einem mitleidendem Blick unterlegt, der um das Wissen dieser Bachschen Fugen-Gotik weiß, und das daher die Menschen der Gotik und ihres steinernen Bauens bedauern.
Den strahlende Silberglanz ihres plastischen Schaffens setzte Johann Sebastian Bach mit Präludium und Fuge A-Moll BWV543 auf jene faustische Gotik, deren primäres Ziel war den Himmel nicht mehr anzubeten, sondern ihn zu erstürmen.
Nach dem Erschallen dieser Musik konnte nicht mehr gebaut und gemalt werden, wie bisher. Alle Kunst floh nun in die Musik. Alle Kunst wurde nun wie von einer wilden Töpferscheibe mitgeschleudert in deren Mittelpunkt sich die Fuge nach oben ins Himmelreich zentrierte.
Bachs Fuge und der gotische Raum sind Implemente. Die Vertikale der Gotik entsprach der Polyphonie Bachs. Von uns aus gesehen bedingen sie sich gegenseitig.
Das Aufbrechen aller Raum- und Zeitempfindung in der Fuge, das, was dem antiken Menschen im Bilde der Ataraxia (was wohl unvollkommen mit Seelenruhe übersetzt werden kann) und das der unruhige, nun nervöse, von Tobsuchtsanfällen und Gier übermannte Faust nie in der abendländischen Kultur finden konnte, sah er nun in einem gläsernen, glitzernden Universum aus geschichteten Klang-und Tonschöpfungen, bei denen er die Augen schließen und so Gott sehen durfte. Alle Architektur von Renaissance, Barock und Rokoko führte zur Bachschen Fuge, war vollendete Gotik.
Jetzo leuchteten seine Augen auf, im Anblick der gläsernen, unendlichen gotischen Kathedralen die alle bekannten Dimensionen sprengten. Mit einem Schlag waren durch Bachs Fugen alle Philosophien im Kräftezentrum, im Auge des Zyklons vereint.
Und alle anderen Wahrheiten, ob wahr oder falsch, wurden durch diesen Zyklonen hinweg geschleudert, vernichtet, zerschmettert. An allen Wänden, welche noch standen, vor der französischen Revolution, klebte das Blut der vernichteten Kulturen außerhalb der Gotik.

Nur noch ein Wort Kants, der daran 30 Jahre arbeitete, war notwendig, all dem was Bach sagte, den Begriff zu reichen: „nicht der Raum, nicht die Zeit soll letzte Autorität, letzter Maßstab sein, für dich „Faust“, sondern die Vernunft!
„0 schmücke dich, o liebe Seele“, mit dem Bach dem abendländischen Faust (und damit sich selbst) die musikalische Plastik der Antike reichte, eine nordische Ataraxia, eine Ataraxia für Stunden in heutiger Zeit, gab er uns einen Geschmack von Antike, eine Perspektive davon.
Doch mit der Berührung des Himmels erlosch dessen magische Faszination.
Für Faust nun, stellte sich eine grausame Wahrheit ein, er war nicht gottesdürstig genug, seine Gottesfurcht erlosch.
Faust, der dem Satan die Wiege gehalten hatte, weil er „Tiefe“ suchte und in dieser „Teufe“ (althdtsch) er den Teufel fand, war mit der Erschaffung der gläsern-singenden Gotteskathedralen die nur im Klang geschaut werden konnten, mit einem Gott der nur noch prismatisch durch die Glasschichten der Fuge gesehen werden konnte, er war nicht ans Ziel gelangt. Der „musikalische Gottesbeweis“ wurde zerredet, zerklüftete sich an Galanterie und Oberfläche.

War die Fuge nur ein Mittel Gott zu schauen, nicht Gott selbst, nicht Raum und Zeit selbst? Wo, so Faustens bange Frage, war dann Gott?
Denn Fausten war klar, im Gegensatz zum antiken und ägyptischen Menschen — in seiner Seele konnte Gott nicht sein!
War seine Fuge Trauma oder Rausch?
Thomas Manns „Faust“, Friedrich Nietzsche, spaltete den Gegensatz von Traum und Rausch in zwei antike Brüder auf: Apollon und Dionysos. Und jener Faust unterlegte allem Kunstschaffen, und damit auch dem Schaffen Bachs und seiner Fuge, den Rausch. Das Bildwerk braucht den Tag, Apollo – die Musik, die Nacht, braucht Dionysos. Die Romantik flüchtete sich in diesen Analysen in Psychologie und Physiologie, den letzten Wissensresten, welche die Naturwissenschaften der Philosophie gelassen hat. Die Liebe ist für Nietzsche der höchste Rausch: um Gott zu lieben, müssen wir ihn personifizieren. Aber das Christentum gab dem Eros Gift zu trinken: er starb zwar nicht daran, aber er entartete zum Laster.

Faust ist nunmehr ohne Rausch undenkbar. Das Hören der Fuge, ohne den Anspruch berauscht zu werden, ist nicht mehr glaubhaft.
„Erheben“, „Erhabensein“, wendet sich in „Besessensein“, ist nunmehr Graduierung eines Rauschzustandes. Romantik letztendlich gipfelt in der Formel „hilflos besoffen im Gefühl“. Die Verklärung der Dinge geschieht nun unter heftigster Beschwörung des
Geschlechtstriebes, der zum Geschlechtsrausch führt, die Beschwörung der Grausamkeit, das Zelebrieren dunkelster Gefühle.
Faust der mit Bachschen Fuge Gott berührte, verfällt der Trunksucht: das Mehr an Kraft, das ihm die Fuge gab, gibt ihm die Gewissheit, dass alle Musik ihm nunmehr Machtzuwachs gewähren. Das Symbol des romantischen Organisten welcher an einer Riesenorgel einer gotischen Kathedrale, die Transfigurationskraft des Machtrausches ins Religiöse noch umzudeuten weiß, indem er das Gottverlangen der Gemeinde mit seiner Person verbindet: Organisten tauchen nun auf, mit Namen (und diese Talente werden damit numinos). Wohl der erste Name hier Abbe Vogler.
Jene faustische „Unendlichkeit im Busen“ gehört zum Rausch, als hohes Machtgefühl, sagt Nietzsche, das wird durch den „unendlich angehaltenen “ Ton der Orgel verstärkt, es ist der Resonanzboden der Ewigkeit.
Die Renaissance erschuf den schaffenden Künstler, die Spätgotik, in der Musik unsinnigerweise und negativ „Barock“ (man hätte es bei der Bezeichnung der Baukunst belassen sollen- ein Fehler des ausgehenden 19Jh) genannt, gab uns das Genie und damit Bach, die Romantik den Interpreten, den Priestermittler zwischen Gemeinde und Gott durch die Fuge.
Das Zeitalter der Romantik schuf die Rauschmittel unter dem die heutigen Zivilisationen am meisten leiden: „Wagner“ und das „Heroin“. Anders ausgedrückt „die Filmmusik“ und die „tägliche Dosis Television“. Der Abfall von der Fuge in seiner Gottesdirektheit ist Faust nicht bekommen, das erkannte er sehr wohl.
Nie hat Faust „Glück“ gesucht. Das vollkommene Missverständnis eines zu Grunde gegangenen Sozialismus zeigt uns das. Noch mehr die Zeit der Weltkrieg(e), die jedem beteiligtem Volke von vorneherein weniger Glück versprach, dafür aber mehr Rausch. Nationalismus, Rassismus, Orgelbewegung, Militarismus, Jugendschriftenbewegung, Wanderbewegung, – alles dies sind Zeichen, ja fast Symbole für Faustens dunkles Verlangen „Ja-Zusagen“, emporzustreben, das Numinose neben der Fuge zu suchen, nicht aber zu finden. Erstaunlich ist dabei, dass Faust die Berührung mit der Fuge, mit Bach, nie fahren lässt. Immer noch hält er Kontakt zu seinem Mittler, mit dem er einst das Höchste und Größte erfahren hat.

Unendlichkeitsstreben der faustischen Seelen leiten die Kraftströme um in technischen Gigantomismus, in Größenwahn, – auch ein Rausch, endet im Genozid.
Etwas, das wir nicht mehr weiter mit der Formel „Faust“ untersuchen dürfen, weil wir alle Quellen ins Fragwürdige verlegen würden. Alles was mit der Vernichtung des Jüdischen Volkes zusammenhängt, kann nur sittlich, nie ästhetisch hinterfragt werden.
Die Sehnsucht des faustischen Menschen, den wir auch als europäischen Menschen bezeichnen könnten, wären hier irgendwelche greifbaren Grenzen der Gegenwart oder der Zukunft zu benennen, ist aufgrund des technischen Kollapses der Gegenwart überhaupt nicht mehr möglich.
Oswald Spengler, dessen Faust ich hier neu nachzeichnete, der herausragende Kulturphilosoph der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts, hat in seiner Schrift „Der Untergang des Abendlandes“, den faustischen Menschen am Ende gewähnt. Einem Standpunkt, dem man sich als Zeitgenosse von Bill Gates, Andy Warhol und „pulp viction“ unbedingt anschließt.
Bach hat für Musiker geschrieben, und diese hören seine Musik noch heute – aber Faust, dieses unheimlich starke Symbol seit über 500 Jahren, für das das unergründliche Streben des Mitteleuropäers steht, dieser größte deutsche tragische Gedanke, dieser Faust ist nach Phasen der Dunkelheit, der Gottesansichtigkeit durch die Fugen Bachs und dann nach Phasen der Trunkenheit, eines heriditären Tremors und eines Ausfließens in beliebige Klatsch-und Lachspiele völlig verkümmert.
Unlängst las man in einer Orgelfachzeitschrift, die Bachschen Fugen seien nun schleunigst aus den Kirchen zu retten, wie bei einem Kirchenbrande: wenigstens „Bach“, wenn sonst auch alles in Flammen aufgeht. Dies erschien, als wollte man die Sexualität von „Herbert Heinz Günter Müller“ bewahren, indem man ihm seiner Sexualorgane beraubt – oder man tauscht Lieschen Maier-Kürschnaus‘ Schweisstuch gegen das Turiner des Herrn, um mit dem Schädel auf platten Boden aufzuschlagen.
Der Eine möchte in unerkannte Dimensionen vorstoßen, der Andere seinen klar bezeichneten drei Trieben Auslauf lassen, so wie man eben seinen Hund auf die Wiese springen lässt. Beiden gemeinsam ist nur der „angelsächsische Wille“ oder das „Glücklichsein der Herde auf der Weide“. Etwas, das der antike, der indische und chinesische Mensch vor der Globalisierung nicht kannte.
Diese vollkommen unfaustische, materialistische, unkünstlerische Akt „Dekorationen“ anstelle von Kunst zu bewahren, diese peinliche Dummheit, der Gedanke der Sicherung von Kulturelementen für das platte Anglotzen statt Schauen, wie vorhin genannt, und wie sie nur in kirchenmusikalischen Kreisen diskutiert werden können, ist bezeichnend für das Verschwinden der Idee des „Faust“ auf mitteleuropäischer Erde. Es bleibt, nicht darüber zu lamentieren, was eine Ästhetik wert sein soll, die von „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ singt, aber nicht mehr an ihren Inhalt glaubt. Wieviel Oberfläche brauchen wir, um daran zu ersticken?
Die Idee des „Christentums“ wiederum ist ohne „Faust“ undenkbar. Faust aber ist, wie wir nun bemerken: unübersehbar tot.
(gwm)

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Die 20 Sätze Epikurs

Von Epikur ist nicht viel echt Originales erhalten. Ich hoffe diese Sätze sind nachweisbar:

1) Gewöhne dich an den Gedanken, dass der Tod uns nichts angeht: denn alles Gute und Schlimme beruht auf Empfindung, der Tod aber besteht eben in der Aufhebung der Empfindung. Deshalb ermöglicht uns die richtige Erkenntnis, dass der Tod uns nichts angeht, erst den vollen Genuss des sterblichen Lebens, indem sie nicht an dieses ein Dasein von unendlicher Dauer ansetzt, sondern indem sie die Sehnsucht nach Unsterblichkeit beseitigt: Denn nichts ist im Leben für den furchtbar, der wirklich den Gedanken erfasst hat, dass im Nichtleben nichts Furchtbares liegt.

2) Lebe im Verborgenen!

3) Wer den Frieden der Seele hat, beunruhigt weder sich noch andere.

4) Die Krone des Seelenfriedens ist unvergleichlich wertvoller als die Krone der Herrschaft.

5) Es ist besser, frohen Mutes auf Stroh zu liegen, als auf goldenem Stuhl an üppiger Tafel seine Ruhe verlieren.

6) Die schönste Frucht der Genügsamkeit ist Unabhängigkeit.

7) Bei jeder Begierde sollte man die Frage stellen: Was wird nun, wenn sie befriedigt wird, und was, wenn sie nicht befriedigt wird.

8)Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug.

9)Im Unglück tröstet der Gedanke an die Freude, die das Verlorene gewährt hat, und die Erkenntnis, dass sich das Geschehene nicht ungeschehen machen lässt.

10)Wer des Guten nicht mehr gedenkt, das ihm geworden, der ist in seinem Herzen ein Greis.

11)Eine kleine Seele wird durch Glück übermütig, durch Unglück niedergeschlagen.

12)Es ist etwas Edles um fröhliche Armut.

13)Man kann mit Zeus an Glückseligkeit wetteifern, wenn man Brot und Wasser hat.

14)Der Zufall spielt für den Weisen eine unbedeutende Rolle: er ordnet sein Leben mit seinem Verstand.

15)Solange man noch auf dem Wege ist, muss man versuchen, den nächsten Tag immer besser zu gestalten, als der vorhergehende war; sind wir aber am Ziele so mag ein Tag an Fröhlichkeit dem andern gleichen.

16)Tue nichts im Leben, was dich beschämt, wenn es dein Nachbar bemerken würde.

17)Wähle dir einen tüchtigen Mann und stelle ihn dir immer vor Augen, damit du gewissermaßen unter seinen Augen lebswt und alles tust, als ob er es sähe.

18)Unter allem, was zu einem glücklichen Leben beiträgt, gibt es kein größeres Gut, keinen größeren Reichtum, als die Freundschaft.

19)Nicht durch Mitklagen, sondern durch Mitsorgen und Helfen soll man seinen Freunden seine Teilnahme gezeugen.

20)Wenn die Götter die Gebete der Menschen erhören würde, so würde es allen Menschen schlecht ergehen: soviel Schlimmes erbitten sie fortwährend für einander.

gwm

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was unterscheidet die Romantik mit dem Nebelzustand, der heute herrscht?

Wir können uns auf verschiedene Art und Weise der Romantik nähern: über Safranski, über Wagner, also über Musik schlechthin, über Oscar Wilde, über Novalis, über Winckelmann, über die ästhetische Erziehung von Schiller, über Hölderlin, oder…
Aber nie können wir uns der Romantik nähern, indem wir ein solch stumpfes Schwert, wie das des Begriffes der „Neoromantik“ benutzen. Ein verrauchtes Hirnprodukt das im Nebel der heutigen Beliebigkeiten absolut nichts mehr besagt. Es wäre als wollte man das ganze Artifizielle, die ganze romantische Ästhetik gleichsetzen mit der Scheinwelt eines Heroinabhängigen.
Wenn Nietzsche das „Kranke“, Dekadente, das Kraftlose seiner Zeit angriff, ankämpfte, die Allesamt an wagnerscher Musik hing, wie heute jedermann am Fernseher hängt oder anderen Plattheiten seinen geistigen Bürstenschnitt nieder hält, selbst ein „Süchtiger“ und „Kranker“ war, der Erlösung suchte, dann erst begreift man langsam was die Romantiker, in vorderster Reihe wohl Novalis und Hölderlin, angerichtet hatten.
Weil die Schönheit, die man als eigenen Wert entdeckt hatte, nur mit dem Gefühl erkennen konnte und nicht mit der Ratio, war nun am Ende des 19.JH mit dem herbeigesehnten Untergang aller Religion ein plötzliches, akutes geistig-seelisches Vakuum entstanden, dass Nietzsche als Nihilismus entlarvte.
Safranski hat über die Romantik ein Buch geschrieben, bei dem man gerne einschläft, weil es in Richtung Gebrüder Grimms Erzählungen deutet, und eine wichtige These so völlig daneben liegt. Nämlich, dass die 68er Bewegung aus der Romantik ihre Einflüsse bezog.
Hierzu nur ein gutes Gegenargument von Meindert Evers „Das Problem der Dekadenz. Thomas Mann & Nietzsche“: Der Sozialismus ist Moralismus und dieser verträgt sich nicht mit einer ästhetischen Schau. Die eine Haltung will die Welt verbessern, die andere die Welt in einer ästhetischen Optik gutheißen. Romantik ist so gesehen „Reaktion von rechts“ und hat nichts mit den „Linken“ zu schaffen.
Natürlich können wir auch heutige Zustände mit den Begriffen der Romantik formulieren, aber damit tun wir der Romantik keinen Gefallen. Wenn ein Bierbauch, wie jeden Tag, 6 Stunden sein einfaches Gemüt von der Manipulationsdroge Nr.1, dem Televison bescheinen lässt, davon zu reden, dass sich hier ebenfalls etwas „Artifizielles “ tut, dann beutzen wir die falschen Begriffe für unvergleichliche Zeiten und Menschen. Das Dämmern eines Einfaltspinsels ist nicht vergleichbar mit der ästhetischen Konstruktion eines Marcel Proust.
Eine Zeit, wie die heutige, die ihren absoluten Schwerpunkt in der Technik gefunden hat, und damit alles totschlägt, was sich ihr kritisch nähert (im Sinne von den Zustand ändern wollen), die ist mit anderen Begriffen zu verankern. Und in gar keinem Fall ist es hier angebracht noch von „Kultur“ zu reden, sondern ausschliesslich von Zivilisation. (Wie das Spengler in „Untergang des Abendlandes“ formuliert hat).
Wir haben jetzt also nach rund einhundert Jahren Weltkriege und Technik als Nachfolgejahrhundert nach der Romantik (wenn man diese Romantik, die wir im Orgelbau z.B. bis 1916, mit dem Tode von Max Reger, datieren) einen Zeitpunkt erreicht, der an einem Übermaß von Vertilgung alter Zeiten lebt. Weil eben nichts nennenswertes Neues mehr geschrieben, komponiert, gemalt wird, und der daher schnell bei der Hand ist, sich „Titel“ wie Romantik herbeizuschaffen. Jedermann will sich solche Orden umhängen, um eindeutig identifiziert zu werden und so in der allgemeinen Beliebigkeit etwas Solides dazustellen.
Die Romantik wollte auch ausreissen, entweder zu den alten Griechen oder ins Mittelalter, aber eben, wie gesagt, artifiziell.
Da hatten sie noch jenen Nietzsche, der vor dem Historismus gewarnt hat: Vergessen ist genauso wichtig wie Erinnern.
Nach all diesem Wortschwall ein gesungenes Wort, wieder von Nietzsche:
„Sie hätte singen sollen diese neue Seele – und nicht reden“

gerhard@walcker.com

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Robert Spaehmann’s nietzscheresistenter Gottesbeweis

Dank der Physik ist es möglich, dass wir heute satellitengesteuert mit dem Auto fahren können oder pünktlich von einem Ende der Welt zum anderen reisen. Ja mir ist es heute noch völlig schleierhaft, wie sich die riesigen Düsenjets mit mehr als 350 Personen und Koffern in die Lüfte erheben, um dann auch noch perfekt auf dem richtigen Flughafen wieder zu landen. Das, obwohl die ganzen Grundlagen, auf denen diese Berechnungen beruhen, eindeutig gegen den menschlichen Sinn ausgerichtet sind. Denn Mathematik beruht ausschliesslich auf Abstraktion und nicht auf den realen, handgreiflichen Dingen, die wir sehen, riechen und fühlen können. Weil es eben keine zwei identische Dinge in unserer Realität gibt, keine zwei identischen Äpfel, nicht einmal zwei identische Schneeflocken. Deswegen kann die Mathematik mit ihrer einfachsten Rechnung, 1+1=2, reell niemals nachgewiesen werden.
Mathematik findet in unseren Köpfen statt. Ein Apfel und eine Birne, das ist etwas Obst; diese Aussage ist praktisch schon so ungeheuer kompliziert und abstrakt, dass sie bei primitiven Völkern kaum verstanden wird. Ein Volk, das den Begriff „Obst“ nicht in seinem Sprachrepertoire hat, wird diese Aussage also überhaupt nicht verstehen können. Erst als man in Europa das römische Zahlensystem gegen die arabischen Ziffern ersetzte, war es auch möglich komplexere Berechnungen bis hin zu den extrem schwierigen Begriffsbildungen heutiger Wissenschaften vorzunehmen. Was also besagt, dass unser heutiges Verständnis von „Welt“ mit der Komplexität von Begriffen einhergeht. Was letztendlich zu dieser hohen Spezialisierung geführt hat.
Wie sieht dies ausserhalb der Wissenschaften aus. Müsste es da nicht auch möglich sein Dinge zu beweisen, die wir sinnlich überhaupt nicht mehr erfahren können? Ich meine: Ja!
Wie in den Wissenschaften, wo vor dem wissenschaftlichen Beweis der Glaube steht, der bewirkt, dass man eine bestimmte Wissenschaft studiert und beweisen will, dass dieser Wissenszweig seine Berechtigung hat, genauso kann man einen religiösen Glauben beweisen oder das Gegenteil davon.
Ich möchte zwei der bekanntesten (und eingängigsten) Beweise hier darstellen:
1. Friedrich Nietzsches Beweis, dass Gott tot ist, und
2. Robert Spaehmanns Gottesbeweis, der auch von Nietzsche akzeptiert werden müsse

1. Zunächst also ein sehr geradliniges und einfaches Argument Nietzsches für die Abwesenheit Gottes:
„Die Redlichkeit Gottes.- Ein Gott, der allwissend und allmächtig ist und der nicht einmal dafür sorgt, dass seine Absicht von seinen Geschöpfen verstanden wird, … der die zahllosen Zweifel und Bedenken fortbestehen lässt, Jahrtausende lang, als ob sie für das Heil der Menschheit unbedenklich wären, und der doch wieder die entsetzlichsten Folgen bei einem Sich-vergreifen an der Wahrheit in Aussicht stellt? Würde es nicht ein grausamer Gott sein, wenn er die Wahrheit hätte und es ansehen könnte, wie die Menschen sich jämmerlich um sie quält?

2) und nun zwei Argumente Robert Spaehmanns

2a) was Nietzsche prinzipiell bei den Gottesbeweisen in Frage stellte, war die Wahrheitsfähigkeit der Vernunft und damit der Gedanke von so etwas wie Wahrheit überhaupt. Gottesbeweise kranken sämtlich an dem, was Logiker eine petitio principii nennen. Beweise, die das voraussetzen, was sie beweisen wollen – also Gott. (z.B. der nachfolgende Satz : Da der Papst unfehlbar ist, ist alles was er glaubt wahr. Er glaubt unter anderem auch unfehlbar zu sein, also ist er in der Tat unfehlbar). Umgekehrt, wer die Wahrheitsfähigkeit der Vernunft, wer die Geltung des Widerpsruchprinzips leugnet, der kann überhaupt nichts mehr sagen. Die These: es gebe keine Wahrheit, setzt Wahrheit zumindest für diese These voraus. Sonst landen wir im Absurden. Und hier antwortet Nietzsche: Wer sagt uns, dass wir nicht im Absurden leben?
Und an diesem Punkte, wo alle Waffen abgelegt sind, entgegnet Spaehmann: genau dieses Argument Nietzsches beweist eines, nämlich die Wahrheitsfähigkeit des Menschen ist an die Existenz Gottes gebunden. Wir können das eine nicht ohne das andere denken. Wir können nur beides zugleich haben. (oder wir akzeptieren Nietzsches Absurdität, wo ohnehin alles egal ist) Übrigens ist bei aller Sinnlosigkeit des Menschenlebens immer noch das Argument Schopenhauers, wenigstens die Leiden auf das minimalste Maß zu drücken, ein schwerwiegendes. Vorausgesetzt natürlich man glaubt an die Sinnlosigkeit.

2b) Die Spur Gottes in der Welt, von der wir heute ausgehen müssen, ist der Mensch, sind wir selbst. Und diese Spur, die wir selbst sind, existiert nicht, ohne, dass wir es wollen, wenn auch Gott vollkommen unabhängig davon existiert.

2c) dass Wahrheit Gott voraussetzt, will Spaehmann mit einem „nietzsche-resistenten“ Gottesbeweis beweisen. Ein Gottesbeweis aus der Grammatik. Aus dem futurum exactum. Von etwas sagen, es sei jetzt, ist gleichbedeutend damit, zu sagen, es sei in Zukunft gewesen. Beispiel: Dass ich am Abend des 25.April 2009 zwischen 19.30 Uhr und 19.45Uhr ein Käsebrot verspeist habe, war nicht nur an diesem Abend wahr, sonder es ist immer wahr. Das Gegenwärtige bleibt als Vergangenheit des künftig Gegenwärtigen immer wirklich. Aber die Spuren werden schwächer und schwächer. Und in 450 Milliarden Jahren ist der Vorfall des „Käsebrotessens um 19Uhr30“ aus allen Erinnerungen der Welt gestrichen. Dennoch, auch im Jahre 450.002.009 ist dieser Vorfall wahr, so, wie eine Versteinerung aus dem Jahr 220.000 v.Chr. als solche wissenschaftlich gedeutet werden und damit in die Erinnerung zurückkehren kann. Da wir aber in dem ersten Beispiel mit Sicherheit keinerlei Möglichkeiten mehr haben werden eine Erinnerung daran aufzubauen, muss, damit Wahrheit ewig sein kann, ein Bewusstsein gedacht werden, in dem alles was geschieht, aufgehoben ist. Ein absolutes Bewusstsein.
Ich fürchte wir werden Gott nicht los, weil wir noch an die Grammatik glauben, schrieb Nietzsche. Aber auch Nietzsche konnte nur schreiben, was er schrieb, weil er das, was er sagen wollte, der Grammatik anvertraute.

gwm 25.4.09 20Uhr42

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