Man kann die Geschichte der Menschheit, die ja, wenn man stark vereinfacht nur 20.000 Jahre zählt, also weit weniger als die erste Halbwertszeit des in Fukushima ausgelaufenem Plutoniums, ein ebenso stark vereinfachtes Rechenspiel anstellen. Ich denke mir, wenn es schnell gehen muss, das Haus brennt, in zwei Miinuten explodiert der Öltank etc.., dann ist es erlaubt das zu tun.
Hier also meine Geschichte der Menschheit in drei Zeilen:
Abholzen + Verbrennen = Kultur (Prometheus)
Kultur + Technik = Zivilisation (Antike)
Zivilisation – Kultur = Apokalypse (Moderne)
Ich habe versucht diese Entwicklung auf einen Dreisatz zu bringen, der absichtlich ein schräges Gefälle aufweist, weil durch eine zu offensichtliche Klarheit die Wahrheit verwischt werden würde.
So unterscheiden wir natürlich zwischen der griechischen Techne und der heutigen Technik.
Ehemals, als man nur einfachste Werkzeuge kannte, ging von diesen keine Gefahr aus, während heute die Maschine den Menschen domestiziert und nur noch Freiheit darin besteht, dem „freien Geist“ einige „Clicks und Buttons “ zur Wahl zu stellen, während der Verzicht auf Computer, Kfz oder Bahn, Kohle, Kernkraft oder Windenergie, in aller Konsequenz nie mehr erlaubt sein wird.
Selbst stoische Nonkompromissler, die keinerlei Technik an sich herankommen lassen wollen, hätten mit der „Unfreiheit“ zu kämpfen, permanent an die Maschine denken, um ihr ausweichen zu können. Das würde dann sogar ihren ganzen Lebensinhalt ausmachen. Die Gesellschaft hingegen hat sich auf die Maschine geeinigt, ebenso darin sich den Bedürfnissen der Maschine anzupassen.
Das heißt, die Gesellschaft hat sich ständig den Bedürfnissen, der Logistik und den durch die Maschinen vorgebauten Strukturen völlig zu unterwerfen.
Auch beim Abschalten aller Atomkraftwerke werden wir ständig durch die jeweilig vorherrschenden Technologien auf deren Gefahren und Schädigungen erinnert und werden dadurch ins Glied gestellt.
Dazu kommt, dass der Mensch, der maßlos Energie verbraucht, immer daran erinnert wird, dass der größte Teil aller anderen Menschen dies nicht tun kann, weil dieser die Mittel dazu nicht hat.
Jenes Belohnungssystem, das den Ausschluss aus dem begüterten Reigen sehr schön anhand der täglichen Tagesschauen mit drohendem Zeigefinger ins letzte Zimmer strahlt, zeigt Wirkung in der Form, dass wir kaum in Europa mit grundsätzlicher Systemkritik, nicht einmal bei den kritischen Philosophen rechnen können. (mein nahezu gesamter Bekanntenkreis hat sich in den letzten zwei Jahren dahingehend aufgelöst, dass man nun „sehr kritisch“ die „Daumen“ bei Facebook abhakt, und in dieser eher in Richtung Rinderherde mutierenden Gesellschaft, die sich gegenseitig Mut zumuht, anstatt gerade einer solchen offensichtlichen Verdummung Platz zu machen, wäre es an der Zeit laut aufzuschreien, wie von Munch gemalt)
Die Katastrophe ist also nicht das ins Chaos abdriftende Kernkraftwerk in Fukushima sondern der technische Alltag eines modernen Europäers, der keinerlei Bewusstheit für diese alltägliche Katastrophe aufkommen lassen will. Die Katastrophe ist die Logik dieses Weges, der in der Apokalypse münden muss, wie es Günther Anders in „Die Antiquiertheit des Menschen (1)“ bereits im Jahre 1954 so detailliert vorausgesehen hat, dass man die Konsequenz dessen, was wir in den nächsten Jahren erleben werden, dort eingemeißelt in bleischweren Lettern zur Kenntnis nehmen können. Was uns wahrlich keinen Trost bringen wird.
Das Problem allerdings ist, dass wir mit den Thesen von Apokalyptikern (auch von der Ausnahme des Jesus von Nazareth) nicht unser Tagesgeschäft organisieren können. Der Mensch braucht dazu Hoffnung und über die Philosophie hinausgehenden Ratschluss.
Wer allerdings nie über die Banalitäten seines Alltags hinaus sieht, wer nie Internet, Television, „die Steckdose“, den unbedingt notwendigen Kleinwagen, seine Fließbandarbeit und was noch alles für Kram, in Frage stellen kann, wer seinen Alltag nicht explodieren lassen kann in einen neugeborenen Stern, der mit sprühender Leuchtkraft seinen eigenen ganzen Kosmos erhellen kann, der sollte erst gar nicht versuchen diesen kleinen Artikel zu verstehen, weil er dort vergebens nach „Nutzen“ und anderen Dingen sucht.
gewalcker@t-online.de