Sokrates, treibe Musik! …

Dieser immer wiederkehrende Traum, die Stimme seines Dämonen, den der Philosoph in seinem Kerker erfuhr, veranlasste in der Tat den Sokrates „Musik zu treiben“. Er trieb metrische Übungen indem er prosaische Fabeln in Verse bannte. Ob er der Kunst dabei näher kam, wird bezweifelt.

Wir sehen also, dass der altgriechische Begriff der Musiké weitaus mehr als der in unserer Sprache abgeleitete Begriff der Musik beinhaltete. So war im mystischen Zeitalter der Antike in Musiké das All und die Seele zu einer Einheit verbunden woraus die sieben Künste des Mittelalters (Arithmetik, Geometrie, Harmonik, Astronomie, Grammatik, Rhetorik und Logik) entsprungen waren. (siehe hierzu „Johannes Lohmann – Musiké und Logos“, ein Buch das umfassend in die Entstehungsgeschichte von Mythos und Logos eintaucht und das bei mir nur gegen Bezahlung der Portokosten erhältlich ist, es sind noch 5 Exemplare da).

Meine Intention, diesen Blogartikel zu schreiben folgt allerdings nicht irgendwelchen philologischen Motiven, sondern es ist die Begeisterung die der Film „EDIPO RE“ von Pier Paolo Pasolini gepaart mit den Erläuterungen des Philologen Friedrich Nietzsche bei mir auslöste.
Der Mythos des König Ödipus dargestellt in der Tragödie des Sophokles, kann wohl als ein wichtiger Höhepunkt in der griechischen Klassik gewertet werden. Besonders wenn man Nietzsches Wertungen hinzuzieht.

Ich denke, wenn man diese griechische Tragödie und ihre Funktionen, aber auch ihren Verfall verstanden hat, versteht man auch unsere Zeit und die Entwicklung hierher besser: denn alles was wir hören und sehen, kommt von diesem Kultur-Urknall.

Bevor ich mit Nietzsche tiefer in dieses Gebiet eindringe, möchte ich noch kurz hinweisen, dass eine sehr gut verständliche Erläuterung von Aristoteles über die Tragödie am Ende seiner Metaphysik vorliegt. Es scheinen aber doch vereinzelte Übersetzungsprobleme durch den Text durch, sodass ich die Interpretationen von Nietzsche, in „Die Geburt der Tragödie“, und in den Vorträgen „Das griechische Musikdrama“ und „Socrates und die Tragödie“, für wesentlich wertvoller halte. (Übrigens den kompletten Nietzsche kann man als Ebook auf rund 14500 Seiten für 95Cent einkaufen, inclusive seiner Briefsammlung. Damit hat man in der Tat den kompletten Nietzsche, auch seine teilweise schwer zugängigen Vorträge um 1870)

Vergessen Sie aber alles, was in Wikipedia oder anderen aufgedröselten Bildungseinrichtungen über dieses Thema erzählt wird. Diese wunderfeinen Ziselierungen und dieser klassische Bau einer Tragödie, das verstehen diese Leute einfach nicht zu reflektieren, geschweige denn zu respektieren.

Nach Aristoteles sind wichtige Teile der Fabel: Peripetie und Wiedererkennungsszenen. (Peripetie: der Umschlag von Glück ins Unglück oder umgekehrt)
Dies übrigens sehr schön zu erkennen an dem einzigen Film, der es geschafft hat die ursprüngliche klassische Form zu bewahren und dabei mit archaischen Mitteln eine ungeheure Spannung des ganzen Geschehens zu erhalten: eben jener EDIPO RE, des Italieners Pasolini.

Nietzsche geht es bei seiner Analyse und Ansicht des klassischen Griechenland um den wunden Punkt, als der Mythos zum Logos sich wandelte. Hierfür fand Nietzsche die Formel: Dionysisch- Apollinisch, die im 19. und 20. Jahrhundert viel unter Philosophen diskutiert wurden. Vielleicht zuviel des Guten. Denn auch in Nietzsches eigenen Aussagen finden sich Widersprüchlichkeiten. In „Safranski – Nietzsche, Biografie seines Denkens“ fand ich hierzu folgende Erläuterung: Im ersten Vortrag war von der Herkunft der Tragödie aus den dionysischen Festen die Rede gewesen; und beim zweiten Vortrag hatte er von der apollinischen Klarheit des Sokrates gesprochen. Jetzt geht ihm (Nietzsche) auf, dass die Tragödie einen Kompromiss dieser beiden Grundtriebe darstellt. Die Leidenschaften und die Musik sind dionysisch, die Sprache und Dialektik auf der Bühne sind apollinisch – beides zusammen ergibt die bewußtseinshelle Darstellung dunkler Schicksalsmächte.

Das Wichtigste bei Theateraufführungen war für Nietzsche die trunkene Seele des Zuhörers. Das war kein faules, fatiguiertes allabendliches Abonnentenpublikum, das mit müden abgehetzten Sinnen zum Theater kommt, um sich hier in Emotionen versetzen zu lassen. Er hatte noch seine frischen morgendlichen, festlich angeregten Sinne bei sich, wenn er sich auf die Stufen des Theaters niederließ. Er schlürfte den Trank der Tragödie so selten, dass er ihn jedesmal wie zum ersten Male genoss. Durch die Gewohnheit des Bequemsehen’s wird der Sehnerv so abgestumpft, dass er den Reiz und die Verhältnisse der Farben und Formen nur noch wie hinter einem Schleier wahrnimmt.

Der seltene Genuss also ist für Nietzsche eine Grundbedingung, die Tragödie richtig wahrzunehmen. Und hier kann man bereits einen leichten Wink in unsere tagtägliche Gegenwart ausmachen, in der „Dauerglotzer“, „Dauerhörer“, die Dauerausgelieferten einer sogenannten Kultur, die längst keine mehr ist, als abgestumpftes Publikum, das keiner Kulturkritik mehr fähig ist, ihre Geistlosigkeit total passiv an die Medien zur Verwaltung delegiert hat. Abends immer vor dem gleichen Kreislauf an Belanglosigkeiten aufs Sofa niederzusinken, keine Erwartung mehr haben, zu sehen, zu riechen, zu fühlen oder gar einer heiteren Gelassenheit entgegenzusehen, wird uns der klassische Grieche, in den sich alle Romantiker von Hölderlin bis Rilke verliebt haben, ewig ein wundersames Geschöpf bleiben.

Mit Euripides, so Nietzsche, trat der Todeskampf der Tragödie ein: es entstand die Kunstgattung der attischen Komödie. Vor Euripides waren es heroisch stilisierte Menschen, denen man die Abkunft der Götter und Halbgöttern der ältesten Tragödie sofort anmerkte. Der Zuschauer sah in Ihnen eine ideale Vergangenheit des Hellenentums und damit die Wirklichkeit alles dessen, was in hochfliegenden Augenblicken auch in seiner Seele lebte.

Mit Euripides drang der alltägliche Mensch auf die Bühne. Es wurde gemeiner. Der listig-edle Prometheus-Charakter des Odysseus sank unter neuen Händen zur Rolle des gutmütig verschmitzten Hanswurst herab, der oft als verwegener Intrigant im Mittelpunkt des ganzen Dramas stand. Der bürgerliche Mittelstand kam jetzt zu Wort, nachdem bisher in der Tragödie der betrunkene Satyr oder der Halbgott Sprachlehrer gewesen waren.

„Es muss alles verständig sein, damit alles verstanden werden könne.“ Jetzt wurde jedes Einzelne vor dem Richterstuhl dieser rationalen Ästhetik gezogen, der Mythus voran, die Hauptcharaktere, der dramaturgische Aufbau, die Chormusik, zuletzt und am entschiedensten die Sprache.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren in der klassisch griechischen Kunst Bewusstsein und Theorie unbekannte Begriffe. Nietzsche führt unter dem Begriff „Sokratismus“ die Formel ein „Alles muss bewusst sein, um schön zu sein mit einer Steigerung, die er Euripides zuschreibt: „Alles muss bewusst sein, um schön zu sein“. Euripides, so Nietzsche, ist der Dichter des sokratischen Rationalismus.

Die Missionstätigkeit des Sokrates lässt sich festmachen in den Sätzen: „Weisheit besteht im Wissen;“ und „man weiß nichts, was man nicht aussprechen und anderen zur Überzeugung bringen kann.“ Und klar ist, dass die mit den Mitteln jener sokratischen Überredungskunst in der Dialektik zu geschehen hat.

Die Tragödie nun, das hat bereits die nächste Generation an Kritikern erkannt, entpuppte sich als Frucht des künstlerischen Sokratismus, als schauspielartiges Schachspiel, als Intrigenstück.
Was Nietzsche nun Sokrates vorwirft ist dies, dass gerade das Unbewusste schöpferisch und affirmativ wirke, während Sokrates in dem Moment, wo er seinem Verstande misstraute, einer wunderbaren Stimme gewahr wurde (sie ist der Titel dieses Blogs), die Sokrates als hindernden Dämon wahrnahm. Diese Missachtung des Instinktiven verstellt ihm den Zugang zur Kunst.

Auch der göttliche Platon, so Nietzsche, ist in diesem Punkte dem Sokratismus zum Opfer gefallen, er sieht in der Kunst eine Nachahmung der Scheinbilder, wertet aber die Tragödie als erhaben und hochgepriesen.
Dennoch sagt Nietzsche, schwebe Platon zwischen allen Kunstgattungen, zwischen Prosa und Poesie, Erzählung, Lyrik, Drama, wie er auch das strenge ältere Gesetz der einheitlichen, – stilistisch-sprachlichen Form durchbrochen hat.

Die unkünstlerischen Wirkungen des Sokrates bring Aristophanes auf den Punkt:

„Heil, wer nicht bei Sokrates
sitzen mag und reden mag,
nicht die Musenkunst verdammt
und das Höchste der Tragödie
nicht verächtlich übersieht!
Eitel Narrheit ist es doch,
auf gespreizte hohle Reden
und abstraktes Spintisieren
einen müßigen Fleiß zu wenden!“

Nun wieder Nietzsche, der im folgenden Absatz seine klarste Kritik an Sokrates formulierte:
In Sokrates hat sich jene eine Seite des Hellenischen, jene apollinische Klarheit, ohne jede fremdartige Beimischung verkörpert: wie ein reiner durchsichtiger Lichtstrahl erscheint er, als Vorbote und Herold der Wissenschaft, die ebenfalls in Griechenland geboren werden sollte.

Die Wissenschaft aber und die Kunst schließen sich aus: von diesem Gesichtspunkte ist es bedeutsam, dass Sokrates der erste große Hellene ist, welcher hässlich war; wie an ihm eigentlich alles symbolisch ist. Er ist der Vater der Logik, die den Charakter der reinen Wissenschaft am allerschärfsten darstellt: er ist der Vernichter des Musikdramas, das die Strahlen der ganzen alten Kunst in sich gesammelt hatte. Das ihm eigentümliche Element der Dialektik hat sich bereits lange Zeit vor Sokrates in das Musikdrama eingeschlichen und verheerend in dem schönen Körper gewirkt. Das Verderben nahm seinen Ausgangspunkt vom Dialog.
Die Griechen als im Wettkampf verliebte Kämpfer konnten wohl nicht anders als im Dialog auszuarten in einen Wettkampf mit Wort und Grund mit heller Freude am klirrenden Waffenspiel in der Dialektik. Der Held des Dramas wurde so nun zum Worthelden.

Die Tragödie, aus der tiefen Quelle des Mitleidens entstanden, ist ihrem Wesen nach pessimistisch. Das Dasein ist etwas Schreckliches, der Mensch etwas sehr törichtes,
Der Held der Tragödie stürzt mit verhülltem Haupte in sein Unheil: seine trostlose aber edle Gebärde, mit der er vor dieser eben erkannten Welt des Schreckens stehen bleibt, drückt sich wie ein Stachel in unsere Seele. Die Dialektik dagegen ist von Grund ihres Wesens aus optimistisch: sie glaubt an Ursache und Wirkung und damit an ein notwendiges Verhältnis von Schuld und Strafe, Tugend und Glück: ihre Rechenexempel müssen ohne Rest aufgehen, sie leugnet alles, was sie nicht begrifflich zerlegen kann. Die Dialektik erreicht fortwährend ihr Ziel; jeder Schluss ist ihr Jubelfest. Wenn dieses Element in die Tragödie eindringt, so entsteht ein Dualismus wie zwischen Nacht und Tag, Musik und Mathematik.

Als die Lust an der Dialektik die Tragödie zersetzt hatte, entstand die neuere Komödie mit ihrem fortwährenden Triumph der Schlauheit und der List.
Hinter der Maske des Sokrates soll Glück und Tugend auf der Waage sich einpendeln. Sünde ist Unwissenheit.

Zum Ende seines wundervollen Vortrags bemerk Friedrich Nietzsche:
Es ist lächerlich, einen Geist bei einer Mittagsmahlzeit erscheinen zu lassen: es ist lächerlich, von einer so geheimnisvollen, ernst-begeisterten Muse, wie es die Muse der tragischen Musik ist, zu verlangen, dass sie in der Gerichtshalle, in den Zwischenpausen dialektische Gefechte singen solle. Im Gefühl diese Lächerlichkeit verstummte die Musik in der Tragödie, gleichsam erschreckt über ihre unerhörte Entweihung.

Die Blüthe und der Höhepunkt des griechischen Musikdramas ist Aeschylus in seiner ersten große Periode, bevor er nicht von Sophokles beeinflusst wurde. Mit Sophokles beginnt der ganz allmähliche Verfall, bis endlich Euripides mit seiner bewussten Reaktion gegen die aeschyleische Tragödie das Ende mit Sturmeseile herbeiführt.

Nach diesen Worten die vor 148 Jahren von einem der größten deutschen Denkern gesprochen wurde überkommt mich eine seltsame Scham. Denn in welcher „Lächerlichkeit“ finden wir uns denn heute wieder, wenn wir bemerken müssen, wie vor 150 Jahren sich ein Denker grämte, als die Dialektik eines Sokrates und seiner Vorläufer die Tragödie entweihten, während wir dank dieses Rationalismus des Sokrates unseren Planeten restlos an die Wand gefahren haben; aber darüber kein tiefergehender Gedanke mehr aufleuchtet.

Wäre ohne das Gespann Plato-Sokrates alles anders verlaufen?

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Hans-Peter Dürr „Es gibt keine Materie“

Es ist nicht das erste Mal, dass ich „Werner Heisenbergs Quantentheorie und Philosophie“ (Reclam 4,–) gelesen habe, aber nun in einem ganz neuen Zusammenhang. Und dieser frische Wind war verursacht worden durch den eingeflogenen Vogel Hans-Peter Dürr (1929-2014), Nobelpreisträger, Quantenphysiker, Schüler und Mitarbeiter Heisenbergs.
Man kann ihn überall auf dem Internet finden, bei YouTube (hier ist besonders ertragreich sein Interview mit Sternstunde Philosophie vom SRF1) oder bei Wiki und natürlich in vielfältigen Büchern oder Textteilen.
Das Interview von HP Dürr durch Dr. Peter Michel, festgehalten in dem Buch „Es gibt keine Materie“ auf 120 Seiten, kann man bequem in drei bis vier Stunden durchziehen. Es hat den Mangel, dass der Interviewer immer wieder den Physiker auf eine „esoterische“ Linie herüberziehen will. HP Dürr aber bleibt eisern bei seinem Programm.
In Hans Jonas „Prinzip Leben“ offenbarte sich mir der „Dualismus in den Naturwissenschaften“, der stark vereinfacht gesagt die Verbindungsglieder zwischen ausgedehnter Materie und Geist nicht finden konnte. Diese „kartesische Ontologie“, zunächst unterstützt von Leibnitz, Spinoza, vielleicht sogar Kant, fand durch die Evolutionstheorie des Charles Darwin (1809-1882) ein jähes Ende. Die Naturwissenschaft hat sich nach endlosen Diskussionen über das Thema für die „relativ tote“ Materie entschieden. Dinge wie Wut, Liebe, oder jener „Wille“, kann sie nicht interessieren, weil diese Dinge eben nicht messbar oder gar im Experiment fehlerfrei wiederholbar sind.
Mit der Evolutionstheorie aber wurde die Sonderstellung des Menschen aufgehoben, seine Entwicklung aus dem Tierreich war evident geworden. Mit Aufhebung dieser Sonderstellung wurde gleichzeitig die besondere Eigenschaft des Menschen, eine Seele, einen geistigen Grund und Sinnvorstellung zu haben, ad absurdum geführt. Und damit wurde die Konstruktion, die gesamte Natur sei zum Zwecke des Menschen eingerichtet, abgehakt.
Nun also kommt HP Dürr daher, erzählt im Plauderton: „Es gibt gar keine Materie. Wenn man diesen Tisch hier immer weiter zerkleinert, stehen wir am Ende dieses Vorgangs nicht vor einem festen Teil eines Atoms, wo ein Elektron herumfliegt, sondern vor einer Beziehung, vor einer Bewegung, vor einem Prozess. Eigentlich haben wir keine Worte, um diese Gebilde zu beschreiben.“ Es fehlen uns ja auch die Worte um zum Beispiel „Liebe“ zu beschreiben, oder ein Bild zu deuten. In dem Moment, wo wir zur Beschreibung ansetzen, zerstören wir es (die Liebe, oder die Schönheit des Bildes, das was uns das Bild sagen will. Und hier sei auch ein dezenter Wink auf unsere Musikwissenschaft oder Kunstwissenschaften angezeigt.
„Es gibt auch keine Zeit“, damit meint Dürr die überkommene Vorstellung von Zeit. Denn für ihn gibt es konkret nur die Vergangenheit, diese lässt sich deuten und begrenzt interpretieren; der Augenblick verfällt sofort in diese Vergangenheit und die Zukunft ist das immer Unvorhersagbare, das immer völlig Offene. Hier beginnt die Kreativität. Eine ähnliche Aussage, die bereits David Hume (1711-1776) äußerte und die bei Nietzsche als Argument gegen jede Form von Teleologie und bestimmte Kausalzusammenhänge Eingang fand.
Teleologie (telos= das Ziel) kann es nach HP Dürr nicht geben, weil es „das Vorne“ nicht gibt. (Ursache und Wirkung, wie bei Hawking, sollte vom Urknall bis zum Ende aller Tage ein durchkonstruiertes Band sein, wogegen keine Willenserhebung je etwas ändern könnte. An dieser simplen Konstruktion erkennt man, was für durchgeknallte Typen dieser Hawking und seine Jünger sein müssen).
HP Dürr widerspricht mit dieser seiner Aussage, die Zukunft würde immer vom Augenblick an neu beginnen, gegen die klassische These der Physik, der des Determinismus, dass jedes Ereignis durch eine Vorbedingung eindeutig festgelegt sei. Das ist erstaunlich, weil durch diese These wissenschaftliche Systeme bedeutungslos werden.
Hochinteressante Gedankenschnipsel eines „guten“ Menschen.
(gwm)

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Die lange Nacht der Metamorphose

Über das Buch „Die Gentrifizierung der Kultur, von Guillaume Paoli“.

Das Buch lag mir bleischwer in der Hand. Überschäumendes Begriffsrauschen. Viele Seiten lang konnte mir der zugeknotete Schreibsack nichts Plausibles sagen, erinnerte mich schwer und dunkel an Sloterdijk’s Geschwafel. Fremdwortgebimsel. Wie Elche mit stolzem Geweih tragen sie ihre Vokabeln und Schlüsse daher, die man entziffern soll.

Aber etwa ab der Mitte des Flusses, in dem man nie ein zweites Mal eintaucht, leuchtet das Kapitel „When the music’s over“ auf, erste Aufklarung, Helligkeit und ein deutliches Schreibziel wird erkennbar.
Endlich eine klare Übereinkunft: „Es gibt sie nicht mehr, die neue Musikgestalt“. Das als Beispiel für die Stagnation im heute.

Der Grundkonsens des Gedankengangs: Neoliberalismus – Mutation – Weltuntergang.
Aber alles in dem Sinne, wie „Sonnenuntergang“ nur metaphorisch gemeint ist. Nicht wirklich geht sie unter unsere gute Sonne, unsere gute alte Welt. Ist ja nur ein Sprachspiel. Wirklich, kein Untergang?

Mit der Metapher „Mutation“ wird ein endgültiger, unwiderruflicher Wandel der Menschheit angedeutet, der die kühnsten Vorstellungen Nietzsches in den Schatten stellt.

Nicht der Übermensch, wie ihn dieser Nietzsche gefordert hatte, steht an der Tür zu übermorgen, sondern der Sub-Untermensch, der alles unterbietet, was seit der griechischen Antike jemals das Licht von Kultur erblickte. So gesehen ist die Gentrifizierung der Kultur eine reine (kurzfristige) Monetisierung, eine Ästhetisierung von schönen Gedankengängen, bei denen der moderne Mensch gern blinzelt, aber lieben tut er nur sein Geld.

Bei der zunehmenden Verarmung vieler Bevölkerungsschichten soll der Eindruck erweckt werden, das ganze Land ernähre sich gut und gerne nur noch von Kunstprodukten, Design und der Entwicklung von Apps (das Paradies der Heimgekehrten, die neue Religion).

In diesem Punkt hat mich Paoli radikal überzeugt. Auf die Frage „Wie hältst du’s mit dem Kapitalismus?“ gibt es nur eine simple Antwort: die allermeisten Menschen sind einfach nicht dafür geschaffen. Sie haben auf Konkurrenzkämpfe keine Lust. Sind nicht gut im Kaufen und Verkaufen. Haben anderes im Kopf als das ewige Streben nach Optimierung und Gewinnmaximierung. Wer nicht Machtmensch ist oder Gewinnstreber, und das sind die meisten, werden die einfach aus der ganz großen Diskussion, aus den Philosophien der Weltanschauungen ausgeklammert?

Immer nur diejenigen, die sich ins Licht reinquetschen, die die größte Fresse haben, die also bestimmen den Text der Medien und der Politik. Die sind es, unsere Helden aus Sport, Politik, Wirtschaft, Schauspielerei etc. , während es der kleine Mann nur durch ein Sexualdelikt oder Totschlag mal in die „Bild“ schafft. Bestimmt werden wir aber durch ein ganzes Netzwerk an Strippenzieher, die unverwüstliche Machtgelüste ausleben wollen.

Dieses scheint der Grund zu sein, dass jegliche Zustimmung den Medien, der Politik, den Wirtschaftsmanagern und den Wissenschaften von der grauen Masse der Nichtkapitalisten versagt wird. Das System funktioniert nicht mehr. Es erinnert an den Untergang von Kaiserreich und Kirche. Statt einem vorangegangenem Krieg haben wir eben eine Mutation durchgemacht, die, wie blöd muss man sein, oft noch als technische Spitzenleistung beklatscht wird.

„Nur der Sozialismus kann den Planeten retten“, erklärt Bill Gates, einer der reichsten Menschen dieses Planeten, der wohl weiß wovon er redet. Das private Kapital, sagt Gates, sei zu selbstzentriert und ineffizient, um die globalen Energieprobleme der Menschheit zu lösen.

Paoli zitiert oft Nietzsche, zuletzt in seinem Schlusskapitel: seit Kopernikus scheint der Mensch auf eine schiefe Ebene geraten- er rollt immer schneller nunmehr aus dem Mittelpunkt weg.
Die erste Kränkung – wir stehen nicht mehr im Zentrum des Universums – war noch zu verkraften. Die zweite – mit Darwin ist der Mensch Tier geworden. Daran anknüpfend fügte Freud eine dritte Kränkung hinzu: Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus. Jetzt war die Vorstellung dahin, die Welt mittels Vernunft umgestalten zu können.
Mit der prometheischen Scham des Günther Anders geschah ein weiterer Affront: der Mensch ist seinen eigenen Maschinen nicht gewachsen. Dann folgte noch das ökologische Bewusstsein: die Natur wird zurückschlagen.

All diese Demütigungen sind aber nichts im Vergleich zu der Erkenntnis, die bereits Allgemeinwissen ist und auch alle vorangegangenen Kränkungen enthält, nämlich das Wissen von der Endlichkeit der Menschenspezies – nicht in unvorstellbaren Giga-Jahren, sondern in absehbarer Zeit.

Die Menschheit ist am Ende. (Claude Levi-Strauss, auch entsprechende NASA Modelle und Berichte. Stephen Hawking, von dessen mathematischem Tunnelblick ich allerdings so gut wie gar nichts halte, schätzt gar die Lebensdauer der Menschheit nur noch auf 100 Jahre.)

Wenn diese Auffassung als Wissen in exakten Wissenschaften gehandelt wird, dann stellt dies eine riesige Gefahr dar, weil sowohl Politiker wie Wissenschaftler unterschwellig belastet sind und dadurch Risiken falsch kalkuliert werden. Man feiert einfach das jetzt und heute, den kurzfristigen Gewinn, ignoriert zukünftige Generationen, die ja keine Existenzberechtigung mehr haben.

Ich möchte mit einem letzten Absatz aus dem Buch von Paoli diesen Blog schließen.
Womöglich sind all die Erscheinungen, die in diesem Buch beschrieben wurden, Konsequenzen dieser letzten Kränkung oder es sind Strategien, sich damit zu arrangieren. Sie hätten also doch einen gemeinsamen Ursprung, doch läge dieser in der Zukunft, besser gesagt, in der Vorstellung einer abwesenden Zukunft. Bevorzugt wird dann der schnelle, kurze Kick. Der Rückzug ins Familiäre. Die Flucht in Fiktionen. Die Anziehung des Monströsen. Das Zombiehafte. Das Nicht-wissen-Wollen. Solange es noch geht.

gwm

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Blade Runner 2049 – Bilder aus der Zukunft

In die Zukunft greifen zu wollen anhand der Bilder, die uns heute umzingeln, das kann nur in einer Apokalypse enden. So geschehen in Blade Runner, dem ersten Science-Fiction-Film, der 1982 erschien. Noch drastischer, aber unlogischer, auch unförmiger, kommt der in diesem Jahr in die Kinos entlassene Blade Runner 2049 daher.
Dennoch ist es der Film wert, sich näher mit ihm zu befassen.
In beiden Filmen wird die Auseinandersetzung des Menschen mit sogenannten „Replikanten“, mit seiner Technik also, thematisiert. Diese von einer Spezialfirma angefertigten und dem Menschen nahezu identische Wesen fordern in beiden Filmen zu Konflikten heraus, die dann das jeweilige Thema dieser Filme sind.

Bio oder Maschine
Unklar bleibt ob diese Replikanten Erzeugnisse der Biotechnologie sind oder ob es Wesen sind die mit anderen Methoden gestaltet wurden. Im ersten Falle würde die rein technische Frage, wie biotechnisch erzeugte Wesen „programmiert“ werden können auf Widersprüche stoßen, im zweiten Fall bleibt unklar, wie eine Maschine mit organischem Leib, mit Blut, Haut und Haaren, faktisch gebaut werden und „leben“ sollte.
Diese Fabrikation wurden in den Filmen nicht thematisiert. Lediglich die Grenzen zwischen Mensch und Replikant wurden deutlich gezogen, weil Menschen tiefere Gefühle haben, der Replikant exakter rechnen und übermenschliche Kräfte mobilisieren kann. Aber auch die Grenzüberschreitungen wurden angedeutet.
In beiden Filmen wurden Replikanten mit Erinnerungen und Gefühlen programmiert, was dann ein weiteres, komplexes Fragenkarussell in Bewegung setzt, das nicht leicht zur Klärung kommt.

Geschichte des Abendlandes
Das Problem, das hier aufgeworfen wird, ist, dass die sozial gespaltene Gesellschaft des Westens hier mit Grundfragen der zwei-drei Klassengesellschaft konfrontiert wird. Die Sklaven, die seit mehreren tausend Jahren in menschlichen Gesellschaften gehalten wurden, tauchen in der pro-technischen, post-zivilisatorischen Gesellschaft in veränderten Formen wieder auf, und sei es als genetisch-organische Parallellschöpfungen. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass diese Sklavenhaltung auch unsere demokratischen Gesellschaften nicht verschont hat, also ein gegenwärtiges Problem darstellt.

Mythos
Lassen wir Verstand und Vernunft etwas ruhen und sehen wir beide Filme, wie anfangs gesagt, als Mythen oder Märchen. Geschichten also, die keiner technischen Klärung bedürfen und die im Detail Gespenster beschwören, die nicht die Zukunft für uns bereit hält, sondern, die wir in der Gegenwart unter Verschluss halten. Ich denke an das bei uns ausgeklammerte Rassenproblem, an die geputzten Städtchen in Württemberg und Bayern und deren Müllverschiffungen nach Nordafrika und viele andere Dinge, die es bei uns nie auf eine Schlagzeile bringen.
Kernthema des Films ist somit der Mensch und seine Technik, welche die Möglichkeit bereithält, den Menschen zu überwinden, wenn Maschinen revolutionieren oder einfach der Mensch sich selbst satt hat. Oder, was ein Argument von Günther Anders war, dass der Mensch den Drang verspürt, selbst Maschine zu werden.2
Wir befinden uns also in einer artifiziellen Auseinandersetzung zwischen Mensch und Technik und versuchen über eine phänomenologische Spekulation daran teilzunehmen.

Logos
Die Replikantin Rahel hat vor dreißig Jahren ein Baby entbunden, bei der die Frau starb. Typisch für Ami-Tragödien sind faktische Übernahmen aus Hotel-Bibeln wie Rahel, Rachel,(Mutterschaf, die Mutter der Stammväter Israels) und die dreißig Jahre Leben des Jesus Christus.
Diese Überreste der Rahel, werden vom Officer K (Ryan Gosling), der selbst ein Replikant zu sein scheint, in einer Ödnis gefunden. Wie sich später herausstellte, war Rahel die Freundin des letzten Blade Runners aus 1982, Rick Deckards (Harrison Ford), und somit kann man schließen, dass das gezeugte Kind von ihm abstammt. Ungeklärt bleibt bis zum Ende des Films, ob der Hauptdarstellers, jener Officer K. das gesuchte Kind darstellt.
Während der Produzent der Replikanten, Niander Wallace, dieses von einer Replikantin geborene Kind für Reproduktionszwecke sucht, möchte die Chefin des Officer K. das Kind eliminieren lassen, um Aufstände auszuschließen.

Erinnerung
Um diesen Streit und die Identitätsfindung des Officer dreht sich nun der ganze Film.
Wie bereits bei der griechischen Tragödie des Ödipus, wird also auch hier die Selbstfindung von Seiten des Helden betrieben, indem er ein paar Abendteuer zu bestehen hat. Er landet bei einer „Erinnerungsgestalterin“ und bei seinen eigenen Erinnerungen, die sehr unamerikanisch, nicht beim „Dad“ enden sondern im Waisenhaus. Die im Film gebotene Möglichkeit Erinnerungen zu implantieren bereitet uns das geringste Kopfzerbrechen, weil wir dies aus den medialen Manipulationsdrogen wie TV bestens kennen. Schwierigkeiten haben wir hingegen zu glauben, dass der white-trash Amerikaner in der Lage sein soll, mehr als fünf Minuten am Tag über sich selbst nachzudenken. Bei einer Bevölkerung, die über zwei Drittel ihres Lebens „on“ oder vor dem TV sich berieseln lässt, sollte das ein Ding der Unmöglichkeit sein.

Virtuality
Interessant war ohne Zweifel der Umstand, dass die Virtualität der Wirklichkeit im Film einen doppelten Schleier vor die Augen des Zusehers wirft: so ist der Film selbst natürlich reines Scheinen und nicht Sein. Im Darbieten von Virtualität wird die Wirkung verstärkt ohne natürlich „Wirklichkeit“ zu werden. Ein Schlenker zur virtuellen Joy, die nach Weiterentwicklung der Siri nun auch in Bildform zu haben ist und so sofort zur Sexualität befragt wird, zeigt, dass das gestörte Sexualleben der Amerikaner auch hier voll durchschlägt. Joy synchronisiert sich mit einer Prostituierten, welche den Leib zum Sexualakt geben muss. Das Durchleben dieser Virtualität, das sicher einen hochinteressanter Stoff abgegeben hätte, wird hier der Lächerlichkeit preisgegeben. Wir sehen aber, dass unser deutsches Wort „wirklich“ nicht mehr die Realität im Zeitalter des potenzierten Virtuellen überzeugend darstellen kann. Hinzu kommt, dass die Nichtwahrnehmbarkeit von Wirkmechanismen3, also technische Realität, die uns in Fleisch und Blut übergegangen ist, gar nicht mehr von uns „realisiert“ wird und damit in den Hintergrund abtaucht. So war der erste Blade Runner Film neu deswegen, weil dort technische Möglichkeiten angedeutet wurden, die uns damals noch nie begegnet waren. Während nun all dieser Rausch in Virtualität und effektiver Technik nach über dreißig Jahren digitaler Durchdringung nichts völlig Neues mehr bieten konnte.
Die Phänomenologie Husserls bestreitet ohnehin, dass wir über die Technik eine Erweiterung der Lebenswelt erreichen.

Das Thema
Das Hauptthema des Films, die Geburt eines Lebewesens durch ein maschinenähnliches Subjekt zu hinterfragen, halte ich für äußerst fragwürdig, weil dies jeglichen Respekt vor allem was wir mit Humanismus andeuten wollen, mit Füssen tritt. Im gleichen Atemzug aber wird trotz der vollkommen verrotteten Welt, wie sie die Amerikaner im Film hinterlassen haben, die Maschinentechnik (der Spinner, mit dem K. über die Lande fliegt, oder Joi, die virtuell-holografische Gespielin des Blade-Runner, oder die fliegenden Überwachungskameras in herrlich japanischen Meditationsräumen) in ihrer tadellosen Funktionsfähigkeit präsentiert. Und zwar so, als ob ja doch ein großer Gewinn am Ende der Tage vorliegt.
Man liegt also beim Konzept des Filmes im Kampf, wollen wir Werbung für Atari (wie im ersten Film) zulassen oder wollen wir die Folgen unserer heutigen destruktiven Handlungsweisen deutlich machen, oder wollen wir alle Optionen spielerisch im Streit miteinander sich ausleben lassen. So ganz ist mir nicht klar geworden, was am Ende gesiegt hat. Unklar auch, haben wir eine Dekonstruktion unserer heutigen Verhaltensweise vorliegen oder findet nur eine artifizielle, ein ästhetisches Schauspiel statt, das nicht mehr will, als schönes Bildgut in die Welt und damit in die Augen jedes Zusehers zu streuen, womit man wieder der Industrie in die Hände spielt.

Das Ende
Am tödlichen Ende dieser (industriellen) Entwicklung gibt es keinen Zweifel mehr, aber mit der weiter entwickelten Technik besteht wenigstens noch Hoffnung in bequemer Unterwerfungshaltung überleben zu können, Genuss im Anblick geiler virtueller Weiber und herrlich geräuschlos daher rasender Elektrokisten zu haben. Ja, es gibt sie noch die KFZ-Industrie, Gott-sei-Dank, und Peugeot hat auch überlebt, noch besser.
Die Städte haben an grausiger Entstelltheit zugenommen, ein nicht mehr überbietbares trostloses Bild vom Ende der Welt kann dem Film sein dürftig gestaltetes „Happy End“ nicht mehr abnehmen. In dieser Welt überleben nur noch Psychopathen, die keinerlei Wert und Maß unserer Tage mehr kannten. Deswegen glaubt kein Mensch mehr dem hin-und wieder dazwischen geredeten moralinsaurem Gebrabbel. Die wenigen echten Handlungsstränge wirken wie auf ein riesiges Bildkunstwerk draufgesetztes Panoptikum in dem dümmliche Dialoge ihr Spiel treiben, während das Auge des Betrachters ständig nach neuen, aufreizenden Bildern sucht. Irgendwo entwickelt sich im Innersten die Perspektive eines im Drogenrausch befindlichen Zusehers, dem traumhafte Kulissen vor die Nase geschoben werden, denen er in zunehmender Luzidität misstraut während das Gerede der Schauspieler sich im Hintergrund verliert.

Religion
In einigen Zeitungen stand irgendwas von Religion, die in diesem Film durch die oben angedeuteten Figuren und Zahlen (Rachel, dreißig Jahre) unterlegt sei. Dazu ist zu sagen, dass alles Religion ist, was Gemeinschaft gründet, selbst der Fanclub der Chicago White Sox huldigt einer Religion.
Besonders in Amerika, wo sie jetzt wieder einen Hohepriester haben, der glaubt, zwar nur an sich selbst, und der die Wahrheit predigt auf Twitter, aber er steht als „religiöses“ Oberhaupt, das redet und gehört wird. Das „White House“ ist Tempel (antike Tempelfassade), der bis vor kurzem noch vom dunklen Dämon besetzt war. Meist ist es jedoch die gemäßigte Form von „Religion“, die etwas mit Geld und Voodoo-Zauber zu tun hat, die den von Aberglauben durchrüttelten Amerikaner als Orientierung dient.

Ja, es gibt auch Erscheinungen bei uns, wo eine Art von postkatholischen Glaubensgemeinschaften in süddeutschen Stammtischen weiter entwickelt wurde. Immer derjenige der Glaubensgenossen, der den höchsten Alkoholwert in denkwürdiger Runde vorweist, wird automatisch zum Hohenpriester erkoren und hat damit das Recht auf Rede. Der reduzierte intellektuelle Gehalt dieser „Feiern“ in fortgeschrittener Stunde sorgt so für ausgeglichenes geistiges Niveau. Statistisch hat man in Bayern diese Reden gut sortiert und ausgewertet und ein religiöses Dogma verkündet: „Wir brauchen die Maut.“ Das nur am Rande.

Die Religion jedoch die dieser Film als Generalbass-Thema verkündet ist ausschließlich „Technik um seiner selbst willen“. Die Auffassung „Religion gewordener Kapitalismus“ wie in der Zeit zitiert, trifft die Sache nicht, weil dann der Unterschied zu heute verwischt werden würde.

Auffallend ist, dass keine einzige Anmerkung zu diesem Film erkannt hat, dass der Unterschied zwischen Mensch und Replikant nicht nur in der Frage des Humanismus zu finden ist, sondern, dass der Mensch bisher in allen Religionen den Anspruch erhoben hat eine Seele zu haben. Damit war Sinnfindung im menschlichen Leben klar und deutlich beschrieben worden.
Dass wir dieses Selbstbewusstsein, eine Seele zu haben so ganz nebenbei aufgegeben haben, egal wie immer man diese Seele definieren will, das finde ich schon sehr erstaunlich. Und dieser Umstand der „Seelenvergessenheit“ ist das Bedrückendste, das mir dieser Film vor Augen geführt hat.
Und so komme ich zur abschließenden Filmbewertung: Ein reines Bildmonster dieser Film, schön anzuschaun, aber seelenlos.
Gruselig ist es auf dieser Welt zu sein, den Untergang zu sehen und unseren Astrophysikern über die Schulter zu blicken, wie diese eine neue Ära einläuten mit dem Aufschrei, ein 300 Millionen Jahre altes Spektakel gemessen zu haben, wie zwei Neutronensterne sich ineinander verkeilt haben. Ein zarter Wink hin zum Nobelpreiskomitee, ein weiterer Wink zur Presse, photogeshopte Bilder von diesem Vorgang zu zeigen. Endlich können wir etwas sehen, das so gar nicht, weder zeitlich noch räumlich, in unsere Welt passt… und das war wirklich?!

Ja alles ist Technik, alles ist beinahe Virtualität.

Trost spendet vielleicht dies: Wo die Gefahr wächst, wächst das Rettende auch.
Martin Heidegger „Die Technik und die Kehre“

(gwm) 28.10.2017

1 im Sinne von: „Nicht du, sondern dein Bild war es, das mich verstörte (…)“
Ikonomanie : Bildsucht
Wenn ich mir die Welt von ihren Trilliarden Bildern, den Fotos, Filmen, Fernsehphantomen und Plakaten entleert vorstelle, nur das reine Nichts übrig bleibt. Das Verhältnis zum Bild hat sich in den vergangenen zehn Jahren gewaltig verändert: Whatsapp, oder die Diashow-Einstellung 2-3 sec./Bild. Das Bild der Kinder in der Brosche oder Geldbörse. Der mittelalter Mensch vor dem Bild des Kreuzes, tagelang knieend davor verbrachte, weil er der Gottheit gegenüber stand, etc…, heute vor dem Marienbild in einer schottischen kath. Kirche stehen und der aus dem Tempel geflohenen Gottheit in die materialisierten Augen zu schauen (…) entsetzlich.

2 in Die Antiquiertheit des Menschen1 von Günther Anders, hier die prometheische Scham: das von Anders erkannte Minderwertigkeitsgefühl des Menschen vor seinen Maschinen. „ Die Dinge, die er als exemplarisch, als ihm überlegen und als Vertreter einer höheren Seins-Klasse anerkannte, spielten für ihn wirklich die gleiche Rolle, die Autoritätspersonen oder anerkannte „höhere“ Milieus für seine Ahnen gespielt hatten.“ Der Mensch schämt sich, geworden, statt gemacht zu sein, der Tatsache also, im Unterschied zu den tadellosen und bis ins Letzte durchkalkulierten Produkten, sein Dasein dem blinden und unkalkulierten, dem höchst altertümlichen Prozess der Zeugung und (niedrigen) Geburt zu verdanken.
In der prometheischen Scham zieht der Mensch das Gemachte dem Macher vor, er akkrodiert dem Gemachten den höheren Seinsrang und nennt Beispiele für die Selbstverdinglichung:
Ohne make-up unter die Leute zu gehen, kommt für girls nicht in Frage. Es folgt eine Desertion ins Lager der Geräte. Das make-up ist bereits die Grundstufe, Finger und Nägel, das Gesicht, die tätowierte Haut, die Haare, in Dinge, in Kunstgewerbegegenstände zu verwandeln, die wiederum von anderen optisch konsumiert werden können. Der so hingerichtete Mensch will seiner Replikation nahe sein. Nicht der unbekleidete, der unbearbeitete Leib ist nackt, mit dem man sich schämen muss. Der natürliche Leib ist etwas was überwunden werden muss. Der Mensch als Werkstück neben Maschinen, Mensch-Sein=faulty, nicht nach Maß gearbeitet. Kurz: die Subjekte von Freiheit und Unfreiheit sind ausgetauscht. Frei sind die Dinge: unfrei ist der Mensch.
 
Der Initiations-Ritus des Roboter-Zeitalters, das Mensch-Sein hinter sich bringen.
(In Fernseh-shows computergleiches Rechnen und auswendig gelerntes Zeug aufsagen) keine Leib-Problematik vorweisen (Gesundheitspolitik i.d. USA), Schmerz auf Knopfdruck ausschalten, Schauspieler-Sein einer vorgespielten, unnatürlichen Welt, guter Konsument sein, der in der Ladenstraße das Glück der Menschheit zu hoffen findet. Geräte und Maschinen bieten isolierte Fertigkeiten, an denen der wirkliche Mensch nur noch als Anhängsel hängt.

Als Grundlagen über Abhandlungen in Sachen Technikphilosophie empfehle ich
a) Unbestimmtheitssignaturen der Technik, Gerhard Gamm, Andreas Hetzel u.a. (kann kostenfrei als PDF heruntergeladen werden beim transcript Verlag, hier der entsprechende Link, öffnen Sie Open Access und laden den PDF-Download, http://www.transcript-verlag.de/978-3-89942-351-8/unbestimmtheitssignaturen-der-technik
b) Nachdenken über Technik – Die Klassiker der Technikphilosophie und neuere Entwicklungen, Christoph Hubig, Alois Huning u.a, das die gesamte Literatur der Technikphilosophie von 1877 bis 2013 zeigt.
c) Heidegger und das Denken der Technik, Andreas Luckner
d) Die Technik und die Kehre, Martin Heidegger
e) Der Ursprung des Kunstwerkes, Martin Heidegger

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Unterwegs nach Heideggen

Eine Insel finden inmitten eines plastikverseuchten Ozeans. Land nur noch vorstellbar in Form von Wüsten.
Hier seine Bücher aufschlagen. Vorurteilsfrei einer Sprache folgen, die mit jedem einzelnen Wort zur Deutung aufruft.

Wie bei Nietzsche ist auch Heideggers Philosophie eine Metaphysik die nach Interpreten und weiterführenden Denkern sucht. Keiner dieser Philosophen sucht Jünger oder fromme Nachbetgesellschaften.

Aus dem Tempel geflohene Götter wollen nicht mehr angebetet werden.

Es kann unerträglich werden Nietzsches "Antichrist" oder Heideggers "Schwarze Hefte" intensiv studieren zu müssen. Dennoch kann auch dieses Studium in einem größerem Zusammenhang, außerhalb der Kritik oder Dekonstruktion, wertvoll sein und neue Horizonte öffnen.

Unverständlich war für mich zunächst die Auseinandersetzung von Heidegger mit Ernst Jünger. Von Jüngers "Arbeiter" beeinflusst, schreibt Heidegger "Zu Ernst Jünger", in der Heidegger Gesamtausgabe eingegliedert, eine größere Abhandlung, mit der ich mich hier kurz auseinandersetzen möchte.
"Der Arbeiter" ist für Jünger, der dieses Buch 1932 schrieb, der Übermensch Nietzsches.

Im seinem Vorwort zu seinen Ausführungen zu Ernst Jünger sagt Heidegger etwas, das ich als großartige Anleitung zum Lesen empfunden habe. Von mir stark verkürzt klingt das etwa so:
Wenn wir zusammen in den Schriften lesen, wollen wir vermeiden ins Schulmäßige abzudriften oder gar ungebundene Unterhaltung über Öffentliches oder nur Zeitgemäßes zu schwatzen. Echtes Lesen kommt in die Nähe dessen, was nicht in den Büchern steht. Wichtiger als die Sauberkeit der Begriffe, ist, in die Erfahrung zu kommen, was da begriffen sein will. Der philosophische Begriff ist stets Inbegriff, sofern er den Denkenden einbegreift und dadurch angreift und sein Da-sein fordert. Deswegen glückt dieses Lesen nur, wenn wir aus größter Unmittelbarkeit fragen, Bedenken sagen, Antworten suchen. Im Zeitalter der rücksichtslosen öffentlichen Zurechtmachung wird uns die Einsicht schon leichter zufallen, dass Geschichte, Werk und Menschentum wesentlicher Art nur sein können aus der sich selbst nie kennenden Leidenschaft zur großen Stille des Seins.

Dieser letzte Satz ist doppelt zu unterstreichen, weil wir heute, über 70 Jahre nach dem Zusammenbruch der deutschen Infrastruktur, einer massiv gesteigerten Öffentlichkeit ausgeliefert sind. Unsere Fragen und Unsicherheiten in Sachen "Geschichte, Werk und Menschentum wesentlicher Art" werden heute durch Medien so drastisch deformiert, dass diese Rückbesinnung auf ein ursprüngliches Lesen, ein langsames Bedenken, sowie daraus resultierende Einsicht in "wesentlicher Art" kaum zu bewerkstelligen sind.

"Nihilismus und Ja-Sagen", wie passt diese Formel, die Heidegger bei Jünger zu finden glaubt, auf einen Menschen?
Dazu ist zu sagen, dass Nietzsche, der den Namen "Nihilismus" von Turgenjew bezog, unterschied zwischen dem passiven Nihilismus der Schwachen und dem aktiven des Starken.
Dem Starken ist es hundertmal wurscht, ob er sich wohl oder schlecht befindet, ihn interessiert, dass er ein Ziel hat: die große Leidenschaft, "der Wille zur Macht", zum Urgrund der Wirklichkeit. Im Unterschied zum Historismus, der von der Wirklichkeit wegsieht und alles erklärt und versteht, aber nichts anerkennt, der deshalb Nihilismus der Schwäche heißt.

Der aktive Nihilismus Nietzsches kennzeichnet die "heroische" Haltung, die "Ja" sagt zu dem, was ist – zum "Realen", zum Augenblick unserer Geschichte, ohne Rücksicht auf sich selbst. Diese Realität ist einer unausgesetzten, zergliedernden Sichtbarmachung zu unterwerfen, und, wie Heidegger weiter ausführt, widerspricht es nicht der Welt des Traumes und der Traumlandschaften. Denn so, wie die Metaphysik zum notwendigen Gegenspiel die Mystik hat, so gehört zum nihilistischen Realismus die Phantastik.

Heidegger führt nun eine These aus, die er schon mehrfach in anderen Schriften erwähnt hat:
Wenn aber in Nietzsches Metaphysik sich die abendländische Metaphysik überhaupt vollendet, und wenn die Metaphysik der Grund der abendländischen Geschichte ist, dann muss auch in der Metaphysik der Grund des schwachen und des starken Nihilismus erkannt werden.

Darin knüpft an eine weitere These, die nach zwei Weltkriegen und besonders heute nach 70 Jahren Frieden in Europa an Bedeutung gewinnt: Der heroische Realismus (der Wille zur Macht) knüpft an ein eigenartiges Verhältnis zur Verwüstung an.
Unter Verwüstung verstehen wir nicht die bloße Zerstörung des Vorhandenen, sondern die Untergrabung der Möglichkeiten (…)

Der Vorgang dieser metaphysisch verstandenen Verwüstung schließt ferner nicht aus, sondern im Gegenteil ein die Pflege und den Genuss überkommener Kultur.

Sehr leicht zu sehen aus der Perspektive eines Orgelbauers: akribische und minutiöse sich in wahnhaften Details verlierende Erhaltung historischer Instrumente, gepaart mit einem übersteigerten Bewahrungseifer und dagegen gesetzt gegenwärtige, technisch und klanglich totgeprügelte Instrumente, denen ein kalter Odem entspringt anstelle des warmen Atems seiner Gottessymbolik. Aber wo sollte auch die Wärme herkommen aus den Kreissägehallen dieser Musikinstrumentenindustrien?

Der Heroismus vor der Realität ist das endgültige Ja zu dem, was ist und zu dem, wie der Jasagende selbst ist – und nichts weiter.

"Der wirkliche Heroismus besteht darin, dass man nicht unter der Fahne der Aufopferung, Hingebung, Uneigennützigkeit kämpft, sondern gar nicht kämpft… " So bin ich, so will ich's – hol euch der Teufel!" Friedrich Nietzsche 1888 WM

Wir können heute ergänzen: Heroismus, das "Jasagen zum Unvermeidlichen" das sind meist die kleinen, scheinbar unbedeutenden Dinge die aus jedem Menschen einen Helden machen. Die Mutter die ihren behinderten Sohn pflegt, der Sohn, der solches tut mit seinem dementen Vater, der ihn einst verprügelte. Das Geradestehen des einfachen Menschen vor seiner Verfehlung, indem er die Verantwortung auf sich nimmt. Wie bewundernswürdig ist das Ausharren mancher Syrer mit ihren Kindern in ihrem verwundeten Land. Und welch ekelhafte Aufgeblasenheit müssen wir tagtäglich ansehen, von sogenannten Helden in Sport, Politik, Schauspielerei, die verwechselt werden mit echten Helden. Denn nur die, welche ihre eigene, individuelle Last tragen, ohne zu murren, sich ihrem Schicksal hingeben, ohne Trug, nur die haben verdient, dass man ihrem Beispiel folgt.

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American War

Wenn der müd gewordene Gaul der Apokalypse über die Wüsten des verbliebenen Nordamerikas gejagt wird, befinden wir uns mitten im Romangeschehen des Omar El Akkad. Sein Buch »American War«, ein utopischer Roman, der den Nihilismus zur finalen Religion erhebt, wird längst schon vergleichbar zu Philip Roths »Verschwörung gegen Amerika« oder Cormac McCarthys »Die Straße« gehandelt.

Mir gefällt die raue, derbe Sprache, die gut ins Deutsche übersetzt wurde. Die amerikanische Krankheit, der Puritanismus, der für kalte, blutleere Kleingeister steht, aber letztendlich für die Erschließung des riesigen Landes im 18. und 19. JH unabdingbar war, kommt hier deutlich zum Ausdruck.
Wer durch die Krankheit zur Vision gelangt und dabei unerreichbare Kräfte mobilisieren kann, der sollte nach Erreichen dieser Leistung sein Kranksein überdenken. Aber Denken, das geht aus mehreren meiner Blogs hervor, die nach Auswertung dutzender Amerikareisen hier entstanden sind, das ist des Amis letztes Tun.

(ich will hier nicht so weit gehen und tiefer auf Heidegger »Was heißt denken?« eingehen. Aber es scheint mir der Hinweis wichtig, dass nur diese Form des Denkens Zukunft verspricht und in gar keinem Fall die Auffassung richtig sein kann, »das wissenschaftliche Denken« würde irgendetwas berühren, das unserem Leben Sinn gibt. Denn Wissenschaft berührt eine Oberfläche unseres Seins, die im Gleichschritt mit der Technik, ohne die wir wahrscheinlich nicht mehr leben können, keinen wesentlichen Aspekt unseres Lebens bereichert. Bei Wissenschaft und Technik habe ich immer das Gefühl, man würde stundenlang über den Hammer philosophieren anstatt die Arbeit und das Werk Gegenstand der Dialektik werden zu lassen.)

Einem Irrtum aber scheint die Interpretation zu unterliegen, dass nun erst, seitdem ein in geistigen Dingen minimalistischer president sein Unwesen treibt, das Land, die Welt, einer Apokalypse gegenübersteht, der auch mit Moralismus nicht mehr entgegnet werden kann.

Nein, sage ich, nordamerikanische Gesellschaften waren immer schon vom Pesthauch des Rassismus durchweht und damit waren sie einer grundsätzlichen Verneinung ausgesetzt. Ein Widerspruch gegen den Rassismus wurde ganz allgemein als linksliberales Gespinst abgetan. Bei den Europäer, wo anstelle der dynamischen Wagenburgen der Bürger sich in steinernen Wehrburgen versichern konnte, durch einfaches Hochziehen der Zugbrücke konnte der Zugang der Wilden gekappt werden, da fanden andere Entwicklungen statt. Unser Rassismus war bis zum Auftreten der Naziproleten differenzierter. Es fanden besonders im 19. JH reichhaltige Diskussionen unter Intellektuellen statt, die dem rassistischen Geschwafel von Richard Wagner und Gefolge enge Grenzen steckten.

Bewundert habe ich die US-Amerikaner ihres kraftvollen Unternehmensgeistes wegen. Nichts anderes war die Wahl dieses »The Donald«. »Let’s have fun and let us vote for this idiot« muss der Wahlspruch der Trump-Sympathisanten gewesen sein. Anders wäre das nicht erfolgte Amtsenthebungsverfahren kaum zu verstehen.
Mich sollte es nicht wundern, wenn nach der Abwahl Trump’s über Pokémon Go ein president im White House installiert würde, den Besuchergruppen mit Pudding und faulen Eiern bewerfen dürfen, der Show wegen, die so unabdingbar zum Leben der Südstaatler gehört, wie der Eiswürfel zum Bier.
Das größte Geschenk also, dass allen liberalen Kräften in den USA gemacht werden konnte,das auch möglichst lange dampfen soll, das ist »The Donald«. Keiner wünscht sich mehr als diese linksliberale Presse in den Großstädten, dass die Show lange andauert.
Dieser Umstand scheint mir das Problem der USA zu sein, dass sich alle Kräfte in den USA nun verwundert die Augen reiben, weil man sich mit »The Donald« bestens arrangiert hat.

Der ursprüngliche Bürgerkrieg zwischen dem Kapitalismus im Norden gegen die Landwirtschaft im Süden hat sich weiterentwickelt zu einem »Krieg« der schlechtweggekommenen Rostgürtler gegen die kapitalgierigen Gesellschaften der Städte. Dabei sind den Bauern im Süden, die sie immer geblieben sind, die Umgangsformen völlig wurscht. Wenn Leute wie Scaramucci von den »Schwanzlutschern« der eigenen Administration an die Presse fabulieren, dann ist das die Sprache der 8.Bauerngenerationen an den Stammtischen in Ohio oder Wisconsin. Blanke Verwunderung würde man dort erfahren, solche Begriffe zu kritisieren.
Was sollen wir diese heile Welt der USA, bei denen sich »Südstaatler« mit den »Nordstaatlern« geeinigt haben auf »The Donald«, in Frage stellen oder Vorbehalte in die Luft blasen?. Ihn gewähren zu lassen im Füttern der Komiksender, der Zufuhr an Lügen zur Washington Post, seine Arbeit an der virtuellen Mexikomauer, der Abschaffung von Obamacare mit markigem Wortschatz, nun mit Unterstützung durch Scaramucci, scheint die einzige Lösung zu sein. Es befriedet beide Instanzen. Die USA sind wieder vereint durch die Trennung. Die Motive zur Lösung der Probleme jedoch sind im Nebel der Virtualität verschwunden.

Die Gefahr ist, wenn es gefährlich wird. Das kann in Korea passieren, im Nahen Osten, oder wenn Trump als Bandit, der er ist, von einem Mueller überführt wird. Dann wird die Lachnummer des »The Donald« zur Apokalypse, aber das nicht nur für die USA.

gwm

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In Zeiten der Pappel, wenn Regen erwartet wird

Der Staub, die Hitze, der Dunst, Trockenheit. Mit einer müden Zunge das Geplapper der Unnötigen anhören müssen und auf Regen warten.
Die Pappeln strecken die fingrigen Äste aus nach den Stimmen der Boten, der Götter. Man hört etwas, ein Geräusch vielleicht, ein seltsamer Ton und geht mit Pappelholzschuhen über die gefrorenen Seen, deren Erinnerung uns peinlich zu werden scheint, eine Erinnerung an den längst vergangene Sommer.
Der Regen der kommen wird, er wird wieder abertausende von flachen, hohlen Fützen schaffen, Frauengestalten der Extraordinären (die aus den ü’s eben o’s gemacht haben). Das ist brachiale Sprachgestaltung der underclass, so wie sie aus „Trampel“ „Trump“ optimiert haben.
Wir warteten auf diesen Regen mit zerkauten Fingernägeln. Wir waren hungrig und müde. Wir wollten aufgehen in dieser Welt und dann kam er, der Regen, blass und dünn zuerst. Dann lautes Lachen, zynische und breite Wasserstrahlen. Sackweise wurden Wassermassen heruntergeschleudert. Die Pfützenwelt, die Flachheit brach sich Bahn. Alle Götterbotenstimmen versandeten. Die im Traum zugerufene Warnung: „vermeidet flache Wasser!“ kam nie in die oberen Stockwerke des Bewusstseins an. Dafür das Rauschen der Wassermassen und damit das endlose Urinieren ins Bett allgemeiner Wohlgefühltheit mit Vertrautheiten selbst ungewöhnlichster Fremdheit.
Der antidemon der flachen Pfützen ist der Teufel. Er kommt aus tiefster Teufe (altdeutsch: Tiefe). Mich sollte es nicht wundern, wenn der Begriff der Taufe aus gleichnamigem Wortstamm herausgewachsen ist.
Wer einmal ein ihm von Anfang an völlig unzugängliches Kunstbild entschlüsselt hat, ohne Hilfe von außen, der weiß, dass Tiefe nur im eigenen Selbst geschöpft werden kann. Nie aber in einer Zwiesprache mit Dir da draußen. Die Wahrheit hingegen braucht das Du, die Teufe benötigt den weitesten Abstand vom Du. Das mag ein Grund sein, warum die Priesterkaste im Mittelalter den Teufel verteufelte.
Die Kirche braucht die Gemeinschaft. Der Künstler, der Denker, der Dichter, sie müssen tief in sich hineinhören und dabei hören sie oft ihren gemeinsten Bruder böse, verbrecherische Dinge sagen. Am Ende glauben sie gar ihr „Gewissen“ habe mitgeredet. Doch das Wissen ist nicht tief. Wissen ist flach. (Eine Ausnahme sei vielleicht die „Fröhliche Wissenschaften eines F.N.“, das könnte ein in der Teufe gemengter Stoff sein). Tiefe und Wissen miteinander zu verwechseln, haben sich die Schulen und Universitäten zur Aufgabe gemacht, um ihre Existenz nicht aufs Spiel zu setzen. Tatsächlich ist Tiefe nichts, das gelehrt oder gelernt werden kann. Aber Tatsache ist auch, dass kaum ein Mensch bekannt ist, der unwissend Tiefe erlangt hat.
Es gab blinde Seher, Weise wie Diogenes, Gebildete wie Faust, die wir allesamt als tiefe Gestalten verifizieren können. Vielleicht sind das nur Symbole, die uns unsere Grenzen und gleichzeitig unsere Möglichkeiten aufzeigen. Sicher ist, dass nach dem Regen, in Zuständen der reinen und flachen Pfützen, die Rede belanglos und dünn daher kommt. Es gibt nur sehr wenige Redner, die eine Geschichte erzählen können, auf die meine Fantasie begierig ist und in eigener Initiative loslegt, eigene, seltsame aber auch tiefe Geschichten zu spinnen. So wie man eben ein Kunstwerk ins Eigene übersetzt und damit selbst schafft. Die eigene Definition solch eines Kunstwerkes ist wichtiger als die des Künstlers oder schlimmer noch irgendeines Kunstästheten, der seinen oftmals völlig verbrauchten Ästhetizismus zum Konsum anbietet.
Ein ganz besonders gutes Beispiel der Gegenwart stellt für mich Botho Strauß dar mit seinem Buch „Onoritti“.
Verdammt, was lieb ich dieses Buch. Und was gibt es mir an Feuer und stiller Beschaulichkeit. Ums Verrecken will ich keine Erläuterung und „Klärung“ von irgendeinem Pfützchen hören, wie das oder jenes zu lesen sei. Nein, das Gebirge, die Landschaften, die Pappeln und den endlichen Regen, ich will ihn selbst und alleine schaffen. Ich will auf Wanderschaft gehen, ich liebe alles Fremde, wenn es in mir gegart ist und hochdampft zu einem mir noch völlig unbekanntem Gotte, mag er schwarz oder Chinese sein.
Die Pfützen sollen ihre Pfützbookstories haben, ihren Alltag, ihre Belanglosigkeit, ihre festgezurrte Langeweile in Form bringen.
Aber lasst mir meine Pappeln vor dem Regen.
gewalcker@t-online.de

aus meinem Bunstiftkalender 2017 „Schlange & Adler“ Skizzenbuch gwm 2017
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Ent-Schuld-igung, ein großes Versehen

Manchmal erhalte ich eine Nachricht, die mir andeutet, dass der Begriff „Entschuldigung“ , der unseren Blog mit betitelt nicht ganz richtig gedeutet wird. Denn es ist ja klar, dass damit ein Heraustreten aus der „Schuld“ gemeint ist. Indem ich mich „entschuldige“ möchte ich meine „Schuld“ beseitigen, vergessen machen.
Doch was bedeutet überhaupt „Schuld“?
Lassen wir das ganze komplexe Vokabular der Juristen einmal beiseite und untersuchen dieses Wort „schuldig“ einfach spekulativ.
Kein Mensch kann etwas dafür, dass er geboren wird noch unter welchen Umständen er auf diese Welt kommt. Das heißt die grundsätzlichen Ursachen, die bewirken, dass er irgendwann einmal „schuldig“ wird, liegen nicht in seinem Einflussbereich. Ob er oder sie mit dunkler Haut, mit welchem Körperbau auch immer oder mit welchen charakterlichen Dispositionen dieser Mensch den Lebensweg antritt, er hat keinerlei Einfluss darauf. Dazu kommen noch die sozialen, länderspezifischen Einflüsse und die der Eltern, das Nachbarhaus, die ersten Freunde, die Zeit, in die man hineingeboren wird.
Diese Einflüsse oder Einwirkungen auf den Frischgeborenen sind so riesengroß, dass sogar die mit völliger Unschuld erworbenen Prädispositionen an Körper und Charakter beinahe gleichgültig werden. Wir können nur konstatieren: die Ausgangssituation ist reine Unschuld.
Nun, wodurch erwirbt sich der Mensch dann die Schuld? Wenn wir die Natur betrachten, werden wir irgendwann feststellen, dass dort der Begriff Schuld nicht angewendet werden kann, weil zur Schuld die Einsicht gehört schuldig geworden zu sein. Und das geht nur über die Vernunft, die dem Menschen eigen ist.
Der „kategorische Imperativ“ des Immanuel Kant ist diese praktische Vernunft, die dem Menschen das Abwägen im Großen und Kleinen erlaubt, sein Gewissen, sein Vermögen Harmonie anzustreben, sein in dieser völligen Unschuld mitgegebener Maßstab „richtig zu handeln“. Mit diesem Kompass, so dachte man in Zeiten der Aufklärung, sei es doch klar und einfach durch die Dunkelheit des Daseins die glückseligen Inseln anzuschippern.
Doch auch jener Immanuel Kant, der den Deutschen das Denken und vor allem das Fürchten vor seinen grausamen Wortschöpfungen gelehrt hat, sagte vom Menschen, dass er „radikal böse sei“!
Woher kommt nun diese Schuld, radikal, also von der Wurzel her, böse zu sein, wenn das total unschuldige Kind das Land betritt mit Taschenlampe und Kompass „Vernunft“ im Gepäck?
Sind es die Triebe, die wie eine Horde wildgewordener Hunde in jedem Menschen ihr Unwesen treiben und die nur mit eiserner Disziplin gebändigt werden? Oder sind es die „Emotionen“ die wiederum Triebe auslösen oder von Trieben ausgelöst werden? Oder ist es gar so, dass wir Menschen, jeder für sich ganz individuell in einem Meer aus Chaos vor sich hintreibt, in der Einbildung unser Verstand würde alles dieses Chaos im Griff haben. Ein Korken der auf einem wildgewordenem Ozean, von den Sturmfluten hin-und hergerissen, meint, er habe diesen Ozean voll im Griff.
Das Ich (der Korken) und das Es (das Meer) das uns dann nach dem 19 Jahrhundert, welches zum Ende hin die Vorstellung von „eiserner Disziplin“ bis auf die Spitze trieb und was nach heutiger Vorstellung im deutschsprachigen Raum zum Faschismus geführt hat, wurde von der Freud’schen Psychoanalyse im Wesentlichen festgemacht im Haupttäter „Es=Sexualtrieb“. Wobei wir wieder am Anfang wären, denn schon die Religionen haben diesen Gauner als den Hauptverbrecher wirksam in allen Menschen ausgemacht.
Natürlich übersieht eine solche einfach zurecht gezurrte Triebbehandlung völlig, dass der Mensch der ohne Triebe wäre, wie ein Fahrzeug ohne Motor, ohne Antrieb eben.
Die Vernunft ist wie die gesamte Natur selbst ein Korrektursystem, das auf Ausgleich bedacht ist. Vom Verstand her sind wir Menschen meist nicht in der Lage dies ad hoc zu erkennen. Jedoch weiß jeder Drogensüchtige, der sich den Himmel ins Zimmer holt, dass die Natur diesen Zustand egalisiert und jeder der seine Triebe ungezügelt springen lässt, weiß ebenso, dass er dafür mit Gewissensbissen (dem Zurechtrücken der Vernunft) und schlaflosen Nächten bezahlen muss.
Meine Feststellung ist, dass die eigene Schuld, wie immer dieses Konstrukt aussehen mag, denn mehr als eine Konstruktion ist es nicht, kann von mir und vor mir selbst nicht entschuldigt werden – denn das wäre nicht nur ein Zirkelschluss sondern es würde mich hinausheben in einen Raum über allen anderen. Aber ich kann die Schuld anderer relativieren, indem ich sage: Du bist nicht schuld!“ und diesem Anderen damit Beistand gewähren (ohne das ganze Klimborium der Katholiken, die auf die Psychologie der Beichte hinweisen).
Ich glaube sogar, dass solche Handlungsweise dem Begriff des „Nächsten“, den ein völlig missverstandener Prediger vor 2016 Jahren in den Mund nahm, am nächsten kommt.
Das also verstehe ich unter „Ent-Schuld-igung“.

gewalcker@t-online.de 16.10.16 in Schottland

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Der große Pan schweigt

Ist Orgelmusik ohne Metaphysik denkbar?
Die verunglückte Ästhetik des Cameron Carpenter.

Zwei Erscheinungen der letzten Tage geben mir Anlass über die Stimme des großen Pan ein paar Gedanken zu verlieren. Es sind eigentlich Zeiten, in denen man lieber schweigen sollte. Nämlich dann, wenn „barbarisches Stimmengewirr“ herrscht, ist das leise Selbstgespräch zu führen, auch auf die Gefahr hin, das man abgeführt wird.
Die Griechen waren die Hintersinnigsten, wenn es um Mythologie ging. Hier schufen sie Erhabenes.
Hier räumten sie Pan eine besondere Stellung ein, dem Gott des Waldes und der Natur.

Wir Orgelbauer wissen natürlich, dass die Panflöte umgestülpt und mit verlängerten Fingern (Mechanik) sowie extra breiter Zufuhr des göttlichen Atems (Wind) unsere Orgel ergibt.
Der Gott der Musik, des Tanzes und der Fröhlichkeit konnte aber auch umschlagen und panischen Schrecken auslösen wenn seine heilige Mittagsstunde gestört wurde. Und hier sind wir bereits beim Thema.

Nur der Mensch ist in der Lage die Ruhe der Natur und des Waldes zu stören. Und er tut dies seit der Industrialisierung in ungeheuren Maßen. Die Panik, die darauf folgt, äußerst sich heute wie vor 2000 Jahren in Endzeitstimmung, Auflösung, Apokalypse. Das Ohr, das Organ der Angst, wird überstülpt mit Kopfhörer, mit Technik, um dieser Angst nicht gewahr zu werden. „Lass bloss die Glotze laufen, sonst werd ich noch irr.“
Der große Gott Pan, schweigend steht er da, den ewig angehaltenen Ton, den nur die Orgel erzeugen kann, als Drohung in der Hinterhand, oder wie ihn die spätere römische Antike mit Ovid und Plutarch darstellen wollte in der Formel „der große Pan ist tot“, auch als Drohung gedacht, das soll mein Eingangsbild sein zu der nachstehenden Kritik an gegenwärtigen Tendenzen.

So erläutert der Philosoph Peter Sloterdijk in „Der ästhetische Imperativ“ in dem Kapitel „Wo sind wir, wenn wir Musik hören?“, dass der Mensch in seiner ersten Wahrnehmung von Welt nur das Ohr zur Verfügung hat. Er hört den Herzschlag der Mutter bevor er die Welt sieht. Die beiden Zustände „Hören“ und „Sehen“ sind die grundsätzlichen Erfahrungen die der Mensch an sich wahrnimmt. Beim Sehen haben wir die Welt vor uns (Subjekt-Objekt), beim Hören sind wir unmittelbar involviert in der Welterfahrung, wir sind mittendrin, Teil des Spektakels. Das räumliche Gegenüber der Sehwelt, die ursächlich für die Trennung von Welt und Subjekt ist, entfällt. Der Mensch wird im Hören Teil der Gottheit, der Ganzheit. Mit dem Auge steht er immer vor einem Teil der Welt, vor einer Landschaft, vor einem Bild.

Seit Sokrates haben wir eine Metaphysik die der Augen-Ontologie unterliegt, während Philosophen wie Schopenhauer und Nietzsche „das in der Welt-Sein“ als akustisches Grundphänomen erkannt haben. Erkennbar auch an dem: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“ von Friedrich Nietzsche.
Der griechische „blinde Seher“ Teiresias (zu finden u.a. in der Ödipus-Tragödie) wäre eine Figur die neben ihrer magischen Ausstrahlung tief in einer Klangwelt verortet war, mit der Auffassung: alles Wesentliche hört man. Oder wie oben bereits angedeutet: Gott hört man, man sieht ihn nie! Licht ins Dunkel zu bringen war seine Aufgabe, und das konnte er nur dank seiner Ohren.

Diese Voraussetzungen der Hörwelt ans „Wahre“ zu rütteln, und nun sind wir wieder bei der Orgel, war der Grund, dass um 1380 die Orgel Zugang zu den Kirchen schaffte. Man stelle sich nur mal einen Halberstädter Bauer vor, der wie gewohnt eines Sonntags in die Kirche kam und er urplötzlich einen stehenden Dauerton von der Westempore zu hören bekam. Wie muss dieser Mensch in panischen Schrecken verfallen sein, als er diese „Stimme Gottes“ vernahm, die er unmittelbar zu verstehen verstand. Alle Sünden wurden ihm schlagartig bewusst, der Glaube am Ende verfestigte sich, da er mit Gott einig sein konnte, er hat ihn deutlich genug gehört.
Die mittelalterliche Priesterkaste wusste sehr wohl diese symbolische Stimme Gottes zu vermarkten. Die kirchenmusikalische Entwicklung von hier an bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs gibt genügend Aufschluss darüber, wie formbar die Stimme der Ewigkeit mit dem lux aeternita harmonierte. Noch Max Reger konnte den panischen Schrecken, der ihn ereilte im Jahr 1903 in großartigster Weise in der Symphonischen Phantasie und Fuge d-Moll op. 57 („Inferno-Phantasie“) in Musik fassen.

Sloterdijk erwähnt in seinem oben erwähnten Buch:“(…)man kann nicht vom Hören allein auf wache Innigkeit schließen“ und repetiert seine Frage „wo wir denn sind, wenn wir Musik hören“ . Mein Schluss zu diesem Thema ist, ohne Hören keine Erfahrung der Innigkeit und Seele zu denken kann man nur im Hören. Während das „wo“ eine räumliche Orientierungsfrage ist, die vom Verstand und damit vom Auge gelöst werden muss. Raum ist eine Frage an das Auge, Zeit eine an das Ohr. Seele ist in der Zeit. 20 Milliarden Jahre fallen zusammen in einem Bruchteil einer Sekunde, wenn der Körper tot ist und die Sinne keine Zeit mehr verarbeiten können.
Diese zuvor geführten metaphysischen Spekulationen, vielleicht ist es längst durchgekauter alte Nudelsalat, sind jedenfalls Voraussetzungen , die nachfolgenden Kritik etwas besser zu verstehen.

Die Musikwissenschaft hat zwischen E(ernster) und U(Unterhaltungs) Musik unterschieden, was zweifellos eine seltsame Differenzierung war. Nicht nur die Randbereiche, auch grundsätzliche Musiken wären damit einer Zugehörigkeit verdammt, die weder Komponist noch ausübende Musiker sich je gewünscht hätten. Auch die Auflockerungsübungen der Musikästhetik, die nun die Zwecke dieser Musiken genauer untersucht und dabei differenziert, halte ich für ungeeignet. In einem Punkt allerdings kommt man zurecht, wenn die Motive der Musikerzeuger unter die Lupe genommen werden. So sind ja die Zwecke der Unterhaltungsmusikindustrie rein geschäftlicher Natur, und das beste business ist und bleibt der offene oder unterschwellige Sex, angereichert mit rosaschwülen warmen Akkorden. Dasselbe gilt von der Filmmusik, welche die Optik untermalt. Unterhaltungsmusik soll vor Neuem bewahren, bringt gängige einfältige Lieder in altbekannter Konstruktion, die Kaufhausmusik soll zum Konsumieren animieren. Auch Kirchenmusik heutiger Zeiten kann so gehandhabt werden, dass das Neue außen vor bleibt und irgendwo seichte „aeternita“ mitschwingt.

Tatsächlich authentische Musik können wir nur noch in Form von „Donaueschingen“ oder unter fachbegrenzten Musikern der alten Musiken finden. Aber auch in extremen Formen bei Heavy Metal und vielleicht bei Punk, wo das Leben einzelner Hörer oder Musiker diesen Musiken untergeordnet wird, scheint tiefgängigeres Hören anzustreben. Der Hörer, der nicht musiziert, der sich nicht mit seinem ganzen Leben solchen Musiken unterwirft gerät in die Gefahr zum Halbling zu werden, der auf irgendwelchen Altären von Wirtschaftsunternehmen geopfert wird. Dieser Hörer, und ich würde sagen, es handelt sich um 95% aller Musikkonsumenten, er ist der Optiker, der manchmal hört, meist nie tief genug reinhört und selten mal über sein Ohr nachdenkt. Über diese Scheinhörer reden wir hier nicht, sondern ich möchte hier über den tief in einer Art Vorgeburt verankerten Hörer reden, der das Herz der Großen Mutter schlagen hört und damit die Welt des Pan und seine Natur ursprünglich wahrnimmt. Musik muss transzendente Räume betreten wollen, für Bequemlichkeiten haben wir kein Organ außer unsere Faulheit.

Lassen Sie mich nun zum zweiten Teil meines Blogs kommen, der die gegenwärtige Praxis von Kunst, Kultur und dem Verschwinden von Religion am Beispiel des Virtuosen Cameron Carpenter kommentiert.
Musik, dies habe ich im vorausgegangen Teil versucht anzudeuten, zeigt andere Wege zur Welterkenntnis. Wir sind im Hören näher der Transzendenz als im Sehen. Wir erspüren beim Musikhören Horizonte, die uns Höheres erahnen lassen. Hören ist also unmittelbarer mit Religion verwoben als das Sehen. Aber auch der unreligiöse Mensch kann die hier besprochene Transzendenz erfahren wenn er nur will und wenn er sich von der Oberfläche der oben geschilderten zweckhaften Effektenmusik fernhält.

Der Verlust von Religion wird in unserer unmittelbaren Gegenwart mit Technik aufgefüllt. Technik wird sozusagen Neue Religion. Die Priesterkaste des Mittelalters wird heute durch die Maschine repräsentiert. Das, was die Maschine sagt ist gültig. Die Magie der Welt schrumpelt zusammen auf Smartphone, Tablet, Laptop, deren Zauber verhüllt ist durch den Schleier des Ingenieurs und Informatikers.
Der normale User hat keine Ahnung wie das Zeug funktioniert und freut sich diebisch, wenn er mal bei einem iPhone die Batterie wechseln konnte. Dieses mittelaltere Unwissen führt zum Glauben. Zum Glauben an die Technik und an den Techniker der an die Stelle Gottes tritt. Die Magie der Technik überwältigt uns.

Ein Interview abgedruckt in der Süddeutschen Zeitung mit dem „Genie“ Cameron Carpenter, das allerdings beim zweiten und dritten Durchlesen eher an ein sadomasochistisches Unterwerfungsritual ausartete, indem die aus Halle stammende Studentin Juliane Liebert sich einem als Mephistofeles gebärdenden Helden an die Brust warf, ihn befragt und zärtlich jede noch so unbedeutende Phrase ihres Helden ins Gedruckte transferierte, zeigt summa summarum die belangloseste Oberfläche und Flachköpfigkeit, die ich so noch nicht von Carpenter gehört und erwartet hätte. Im Endeffekt haben wir den muskelbepackten Sportmusiker vor uns, der von seiner narzistischen Hochglanzeitelkeit derart verblendet ist, dass er in der Tat Musikdarstellung mit einer olympischen Disziplin verwechselt. Und das wird selbstverständlich von seinem Hörerpublikum, das Informationen aus Facebook und der daily soup bezieht, das völlig gleichberechtigt die „Spiele“ im Zweiten neben einer CD „All you need is Bach“ en passent konsumiert, auf allerniedrigstem geistigen und kulturellem Niveau herabgesetzt. Schade auch, dass der unselige Beitrag von Frau Liebert nicht von Lektoren der SZ gegengelesen wurde.
Wie Sie richtig aus diesen Zeilen herauslesen, habe ich kein großes Interesse bekommen, diesen Bach des Cameron Carpenter auf meine Ohren loszulassen.
Zunächst spielt es keine Rolle ob die Darstellung dieser Musik durch höchstem technischen Drill und Disziplin geschieht wie wir das in der Orgelmusik bisher nicht gehört haben. Wichtig ist zunächst allein die Motivation mit der Musik gemacht wird. Wollen wir einer von äußerer Selbstbespiegelung getriebener Plastikfratze huldigen, die zwei Stunden Zeit fürs Makeup und Haartracht vor dem Konzert verbringt, oder sind wir auch in der Lage die Metaphysik eines bairischen Hinterwaldorglers zu erkennen, dessen Technik zum Himmel schreit uns aber in einen Zustand der Beseeltheit verbringen kann. Ich werde nie vergessen, als ich bei einer Orgeltagung in Bologna, die vorgegebenen Wege verließ und in einer Seitenstraße eine kleine Kapelle entdeckte, wo die Orgel (völlig verstimmt) ertönte. Aber in der Kirche, in der ich alleine saß, ein Zauber empor stieg, der mich bis heute, über 40 Jahre nach dem Geschehen immer wieder erinnern lässt.

Hier bei Carpenter also genau das Gegenteil von solch einem Sprung ins Unerwartete, da wird die werbetechnisch aufgemotzte Form grotesk übersteigert, man will verkaufen und ist ausschließlich an Kaufstatistik interessiert. Hier haben wir blanken Unterhaltungspop mit dem Markenzeichen „Bach“. Wirklichkeit wird festgemacht an harten Verkaufszahlen. Was interessiert hochgedampfter Weihrauch vor einer ausgebluteten Religion.
Im Interview verweist Carpenter auf seine „Orgel“, die in Wahrheit eine Imitation einer Orgel darstellt, die das „Genie“ darstellt und ist dabei genau dort, wo wir die Zukunft der Musik angesiedelt glauben. Der Computer wird irgendwann seinen Meister übertrumpfen an Schnelligkeit und Trillerwirbel. Er wird irgendwann Carpenter auf den Platz des herausgeputzten Affen verweisen, der nur noch wegen seiner Frisur, seiner Orgelstiefel und Extravaganzen am Spieltisch sitzen bleiben darf.

Was aber unterscheidet die Orgel von ihrer Imitation, der elektronischen Klanggestaltung?
Zunächst einmal ist der Naturtonklang mit einer Masse an Faktoren behaftet, die kaum über einen Lautsprecher wieder gegeben werden können. Es handelt sich nicht nur um die Geräusche, Teiltöne, Frequenzumfang Raumverschiebungen der diversen Pfeifen, um die Dynamik die ein solches Heer an Pfeifen durch die Atmosphäre des Raumes, des Klimas und anderen Faktoren verändern. Der entscheidende Grund für die nicht zu überbietbare Klanggestalt aller Naturtoninstrumente und im Besonderen der Orgel ist ihre Individualität die mit der Aura der Umgebung zusammenhängen. Außerdem kommt hinzu, dass wir bis heute nicht wissen und keine Wissenschaft der Welt wird es je auf den Punkt bringen, warum Instrumente im Alter an Klangreichtum gewinnen. Also wie ändert sich die Materie bei Instrumente die lange und gut gespielt werden.

Es ist klar, dass ein von seinen Eitelkeiten angetriebener (und auch von großer Masse akzeptierter) Künstler wie Carpenter sich mit diesen Dingen nicht beschäftigen kann, weil sie nicht in seinem Machtbereich liegen.
Mein wesentlicher Kritikpunkt aber ist nicht die Person Cameron Carpenter, der wie jeder Star seine Allüren haben mag. Meine Kritik gilt der Überantwortung der menschlichen Werte an die Technik. Dabei unterscheide ich nicht die Technik, die der Mensch selbst beherrscht indem er Sport oder spritzige Musikdarstellung beherrscht oder ob Technik an die Maschine delegiert wird.

Ursprünglich deuteten die Vorsokratiker den Begriff techne als Handwerkerkönnen. Der Begriff hat sich über die Jahrhunderte verändert. Heute zu Zeiten der Spezialisten kann man selbst in kleinsten Handwerkbetrieben diesen Begriff nicht mehr in unschuldiger Form anwenden. (…der hier macht die Holzarbeiten, jener Lötet, dort wird Zungenintonation und hier werden die Labialen abgehandelt, im Büro haben wir einen Zeichner, einen Kalkulator, einen der die Verträge unterzeichnet, ja und dann haben wir noch unser Montage und Wartungsteam etc…)
Technik schleppt im Gefolge immer ihren Mühlstein hinterher, oft erst nach Jahrzehnten erkennt man, dass der Nachteil den Vorteil überwiegt. Das schöne Beispiel von den Atomkraftwerken, die uns 30-40 Jahre großartige Dienste leistet und in der Folge dann Millionen Jahre ihre tödlichen Strahlen abgeben, ist wohl das krasseste Beispiel für troglodytische Handlungsweisen.

Bei der Kunst sind grundsätzliche Handwerkertechniken notwendig, wird das Maß aber überschritten gerät das Kunstobjekt in eine Form von Sterilität, wie wir das zum Beispiel bei total durchintonierten neuen Orgeln immer wieder hören können. Bei durchtrainierten Virtuosen kommt rasch der Anschein der Gefühlskälte auf.
Die Delegation der Verantwortung an den Computer nimmt den Menschen nicht aus der Pflicht Sorge zu tragen. Dafür aber entstehen neue Ängste dank der Undurchsichtigkeiten die Computer per se zu besitzen scheinen.
Ich rede hier nur von Kunst und Kultur. Man sehe sich den Müll an Bilderfluten an verursacht durch Photoshop gestylte Grafiken, die manch einer als „Kunst“ zu titulieren wagt und es gehen schlagartig die Lichter auf, wie verdorben wir bereits durch tausende vorgeschaltete Filter in Musik- und Bildkunst sind und was unsere Enkel und Urenkel erwartet.

Dagegen will ich Einspruch einlegen.

gewalcker@t-online (aus Kingussie)
(sorry, dass es so lange geworden ist, aber wir Orgelbauer leiden an der Langeweile…)

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Das Finstere Tal

oder lus primae noctis – das Recht der ersten Nacht (das dem Feudalherren zustand. Vor der Heirat soll dem adligen Herren die erste Nacht mit der Braut zugestanden sein. Ein historisches Detail, das sehr umstritten ist. Man vermutet heutzutage eher, dass diese „Gepflogenheit“ feudalen oder mittelalterlichen Rechts von der Aufklärung deswegen thematisiert wurde, weil es die erotischen Fantasien anfeuerte, die man gut fürs „Revolutionieren“ nutzbar machen konnte.

Bei unserer Rückreise aus Rom entschloss ich mich über „Das Finstere Tal“ zurück ins Saarland zu reisen. Nochmal einen tiefen Blick ins Dunkle zu werfen, bevor der Alltag an Rechner und Orgel wieder ins Ein-und Zweitönige ausklingt.
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Das Finstere Tal“, diese faschistoide Vorgeburt aus dem 19.Jahrhundert, auch ein österreichisches Filmprodukt wie „Das weiße Band“, das uns zu zeigen vermag, wie im Süden historische Aufarbeitung von statten gehen kann, hat mich zutiefst begeistert.

Zunächst einmal nur wegen der herrlich unbeteiligten Landschaft, die während das Filmdrama seinen Lauf nahm, eisiges Hintergrundschweigen und damit Wissen um das Leiden der Menschen zur Schau trug. Böse und zudringlich werden die Ängste und Verrätselungen einer vorindustriellen Gesellschaft ins Lärchenholz und in die Zirbelkiefern an den Hängen eines Südtiroler Tals eingearbeitet. Dazu wird eine Sound-Geräusch-Kulisse fabriziert, die wie ein Drogenteppich an untergründigsten Lauten Erschrecken auslöst. Das Knacken eines Astes, das Schnauben eines Stiefels im Schnee, das leise Klicken der Winchester das hoch hinauf auf die Dreitausender Entsetzen telegrafiert, als ob den Lawinen Signale gesendet werden: „Ötzi – der Berg, der Berg, er ruft!“

Zu Beginn des Films hören wir die Stimme eines unschuldigen Mädchens in niederösterreichischem Dialekt, der die Unschuld dieser Natur unterstreicht. Und alles was diese Natur im Film anrichten wird, es wird gegen das Böse und für die Reinheit und Rache sein. Fast klingt es uns im Ohr, als sei das tatsächlich so der normale Weg. „Oh wie schön wäre die Natur, wenn sie gut wäre?!“

Die Oberfläche des Filmstoffes ist so herrlich klar und rein, sie verschmilzt mit dieser idealisierten Landschaft hinter Meran zu einem grandiosen grün-grauen Wald-Kosmos, das den Schnee wie reinen Koks ins Hirn schmiert und das Tal, das finstere, zu leuchten anfängt, während die Story ein katastrophales Gebilde darstellt, das wir einfach nicht unwidersprochen hinnehmen können.
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Hätten Andreas Prochaska(Regie) und Martin Ambrosch(Buch) wenigstens das Ende offen gelassen, oder hinaus in die Landschaft katapultiert, mit der Aufforderung:“ jetzt arbeitet dran“ oder gesagt: „macht was draus!“, wir wären Ihnen dankbar gewesen. So aber, mit dem Hintergedanken, einen „Oscar“ kassieren zu können, haben sie den Emotionen etwas Zucker und Streicheleinheiten gereicht, aber an der Wahrheit scharf vorbei geschossen.

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Dazu kurz die Geschichte: Wir haben Ende 19 Jahrhundert, also die Zeit nach dem US-amerikanischen Bürgerkrieg. In ein abgeschiedenes Tal (das Schnalstal hinter Meran) kommt ein Reiter mit zwei Pferden kurz vor Wintereinbruch. Es ist der Held, ein US-Amerikaner, der mit neuester US-Technik (Winchester Repetiergewehr 73) den im Tal geistig eingemummelten Europäern so richtig einheizen wird. Er findet dort ein faschistoides Unterdrückungssystem vor. Der „Brenner“ und seine Söhne terrorisieren die ansässigen Familien mit Gewalt und Sadismus. Parallelen machen sich auf zur Colonia Dignidat und anderen Formen der Unterjochung, wie wir sie in Perfektion in den 1920-40er Jahren in europäischen Ländern als Staatsformungen wieder entdecken konnten. Der Held, der „Greider“ ein sympathischer, weil wortkarger Mensch, ist auch Sohn des „Brenner“. Aus dieser Vergewaltigungstat ging Greider hervor. Dieses Identitätsproblem, das einer tiefgängigen griechischen Tragödie würdig wäre, das Greider mit sich herumträgt, wurde leider nicht verarbeitet. Er rächt sich, indem er alle seine Brüder und zum Schluss den Vater mit Waffengewalt und Tränen in den Augen erschlägt. Nun herrscht wieder Freiheit und reine Luft – so meint man.
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Diese Konstruktion, dass ein US-Bürger ins Schnalstal kommt, um dort mit Waffengewalt Recht und Ordnung wieder herzustellen, sie stört mich. Und zwar aus dem Grunde, weil dieser wesentliche Erzählstrang etwas sehr Unglaubwürdiges hat und weil, wie mir scheint, das nur aus „Oscargründen“ in die Geschichte eingebaut wurde. US-Amerikaner als unbestrittene Helden im 19.Jahrhundert in Südtirol – das sollte doch einen Oscar hergeben. Waffengewalt, die heute nicht oft genug und anders als verherrlichend thematisiert gehört, sie darf einfach nicht in europäischen Filmen glorifiziert werden. Den Priester zu erschießen, weil der bei Mutter und Predigt die Befruchtung der Maria durch „Höheres“ als durch den Ehegatten thematisiert hatte, das erscheint doch abstrus.
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Das Schnalstal ist mir ans Herz gewachsen mit den heutigen Menschen, die alles andere als 19.Jahrhundert sind. Auch die wunderbare Filmkulisse, der Marchegg Hof, der unmittelbar von weitem erkennen lässt, dass hier wichtige Szenen abgedreht wurden, machte einen wunderbaren Eindruck auf uns. Dort einen Kaffee zu trinken, die Leut zu befragen, die dann auch lossprudeln und erzählen, wie aufregend die Filmerei war, all das waren zwei schöne Tage in und um Meran, bei einer Rückfahrt aus Rom nach Saarbrücken.
Und dann hinauf in die Schweizer Alpen, ins Engadin.
Nein, nach Sils Maria, zu Zarathustra, haben wir’s nicht mehr geschafft, leider.
Aber das kommt noch.
Rom wartet schon wieder. Im Winter.
Und dann ins Schnalstal, ich müsste weinen.
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