über den Eros

Weil allzuviel Falsches damit bezeichnet wird, hier eine Erläuterung, die eigentlich nicht sein dürfte, weil der Eros das Wort nicht gut verträgt.
Am Anfang war der Eros, müsste man sagen, was mit „am Anfang war die Liebe“ übersetzt werden könnte, weil Liebe vor der Zeugung steht, aber was uns einen verknautschten Begriff serviert, der uns nicht viel gibt.
Eros steht eigentlich noch vor der Liebe, er verursacht Liebe, oder besser gesagt: Vertiefung.
Das Gegenteil von Eros kann man schon besser ausmachen, es sind Alltag, Durchschnitt, Gewöhnlichkeit, flache Buntheit, also alles Dinge, mit denen wir es bevorzugt auf dem Internet, in den TV-Medien, in Zeitungen und Zeitschriften zu tun haben.
Der Eros wird medial vorzüglich ermöglicht unter Auslassung von Hilfsmitteln, Technik etc., also er gedeiht vorzüglicher allein über das Buch oder durch die Musik. Eros gibt es auch durch den Rausch, aber nur einmalig, ganz selten.
Seinen unmittelbaren Weg aber geht der Eros über das Erlebnis, das geradezu keiner Erläuterung mehr bedarf und eher unter der Deutung erstickt wird, als dass er durch Worte aufgehellt würde.
Eine Erinnerung an die Kindheit mit einem wiederkehrenden Geruch, einem Bild, das zarte Plätschern am Rande eines Sees im Herbst, auf dem ein Schwan die Runden dreht und ein Vogel kreischt oder die Melodie einer Symphonie kann Eros hervorrufen. Aber es ist ausdrücklich ausgeschlossen, dass man Eros willentlich herbeiführen kann. Vielleicht kann das ein Kind, einmal, zweimal.
Drei wesentliche Eigenschaften begünstigen den Eros, Dinge, die der heutige Schnittbürger kaum mehr kennt: viel Zeit haben, ausgeglichen sein, sich am Leben freuen.
Das Interesse sollte zwar da sein, aber nicht überwiegen.
Eine zärtliche Zurückhaltung anstelle Lebensgier. Das Herz muss weit geöffnet sein. Ein lachendes Auge. Pubertät. Eine überwundene Trauer, eine überstandene Krankheit, ein gegen seinen Erzfeind errungener Sieg, ein Frühling, ein Herbst, vielleicht sogar der Eintritt in eine Krankheit oder in ein Abscheiden, alles dies sind Möglichkeiten, die den Eros begünstigen.
Wahrscheinlich gibt es von 10000 Menschen nur einen, dem die Erscheinung des Eros ermöglicht wird, oder der die Gabe besitzt den Eros anderen Menschen erscheinen zu lassen. Vielleicht waren alle Religionsgründer solche Menschen. Allle Formen von Heiligenerscheinungen gehören hier her, die Magie und Zaubereien aller Art, der Künstler der Neues schaffen will muss Jünger des Eros sein.
Komponisten, Maler, Dichter, Seher und große Forschernaturen sind die vom Eros begnadeten auserwählten Menschen, wobei die Intensität des Eros sich nicht im Werk niederlässt, wie man meinen sollte, sondern die Strahlkraft eines der ganz großen Komponisten, wie zum Beispiel Johann Sebastian Bachs, ist auf mehrere glückliche Momente begründet; nicht zuletzt auf Umstände, wie technisch-praktische Ausführung der Kompositionen und der ganz alltäglichen Mühlsal des Notenschreibens. Da wirkt zwar noch der Eros mit, würde aber im hellen Auflachen der ganzen Kraft des Eros die Verwirklichung einer solchen konstanten Kompositionsleistung eher verhindernd wirken.
Es ist also nicht einfach zusagen, was der Eros eigentlich ist und wie man diese Kraft zur Steigerung der Lebensintensität nutzen könnte. Gerade weil dieses „Flügelwesen“, das nach Belieben in unser Leben tritt und wieder geht, weder Nutzen noch Berechnung kennt. Das Festhalten aber dieses „fliehenden Wesens“, das noch nicht einmal genau gedeutet werden kann, ist völlig unmöglich.
Der Eros wurde bei den antiken Griechen mit Flügeln dargestellt. Er war eine göttliche Macht, die aus dem „Chaos“, der gähnenden Leere, den Menschen überfallartig packt. Später hat man im Hellenismus dieses Symbol verniedlicht, als Engelsknabe der mit Pfeil und Bogen und goldener Pfeilspitze ins Herz des Menschen traft und so dessen Leidenschaften entfesselte.
Diese Verkitschung ist uns als Bild des Eros gegenwärtiger denn je.
Es wird Zeit, dass wir ihn wieder suchen, den echten und wahren Eros, der uns von den Göttern, wenn überhaupt, nur Sekundenbruchteile zur Verfügung gestellt wird.
gewalcker@t-online.de

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